Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Klosterarchive von Walther Latzke
Geschichte einzelner Klosterarchive: Mauerbach. 481 der nahezu ausgestorbenen Kartause und ihrer Güter an den Jesuitenorden zu gewinnen; allein der Kaiser zog die Sache hinaus und die Haltung der Jesuiten in der Frage des Laienkelchs führte schließlich 1563 zu einer Ablehnung ihres Gesuches. Der Entfremdung, die zwischen dem Jesuitenorden und dem Kaiser in dessen letzten Regierungsjahren eintrat, hatte Mauerbach den Fortbestand seines Daseins zu verdanken.1 Die immer ärger werdende Schuldenlast, die auch durch den Ankauf des Hofes zu Veim (13. Jan. 1580) eher vermehrt als vermindert wurde, die Zerstörung eines Teiles der Kartause durch das Erdbeben vom 7. Sept. 1590 brachten nochmals eine Auflösung der Kartause zur Erörterung. Als Melchior Kiesi 1596 das Wiener Bistum übernehmen sollte, trachtete er dessen geringe Bestiftung dadurch zu vermehren, daß er die Einverleibung von Mauerbach verlangte. Erzherzog Matthias wurde für diesen Plan gewonnen, auch Kaiser Rudolf II. war nicht abgeneigt, dem Begehren Klesls zu willfahren. Aber der Prior Sebastian II. Aedilis kämpfte energisch um den Fortbestand der Kartause Friedrichs des Schönen. Der Bischof von Passau, der Reichshofsekretär Unverzagt und der niederösterreichische Prälatenstand traten auf seine Seite, die Erzherzoge Maximilian und Ferdinand verwendeten sich für die Erhaltung Mauerbachs und am 29. März 1598 verfügte Rudolf II., daß die Inkorporation zu unterbleiben habe.1 2 Im 17. Jahrhundert hat sich die Kartause, trotz mancher Rückfälle, wieder erholt, seit 1670 gehörte der Prior dem niederösterreichischen Prälatenstand an. Die Türkennot von 1683 suchte Mauerbach schwer heim, der Konvent floh, die Kartause wurde niedergebrannt; der Wiederaufbau zog sich mehr als ein halbes Jahrhundert hinaus, die wirtschaftliche Lage blieb seither eine mißliche.3 Indes hat Mauerbach gerade in jener Zeit der niederösterreichischen Geschichtschreibung zwei namhafte Vertreter geschenkt, die Prälaten Leopold Brenner (1678—1692) und Placidus Schwe- singer (1738—1751); jener schrieb eine Chronik der Kartause, dieser hat in seinem umfangreichen Tagebuch ein äußerst wertvolles Schriftdenkmal hinterlassen.4 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehrten sich die wirtschaftlichen Mißstände in der Kartause. Es ist bekannt, daß ihre Anzeige durch zwei Konventualen nicht nur das Ende von Mauerbach herbeigeführt, sondern darüber hinaus den letzten Anstoß zum ersten Klosteraufhebungspatent Josephs II. vom 12. Jan. 1782 gegeben hat.5 Das kaiserliche Patent wurde in Mauerbach am 21. Jan. 1782 von dem Aufhebungskommissär Ignaz Edlen von Menßhengen verkündet und in den folgenden Tagen durchgeführt.6 Die Güter der Kartause fielen an den Religionsfond; ihre 1 „ ... demum rebus omnibus diiudicatis in eam sententiam ventum est, ut redditus Maurbacensis Carthusianorum coenobii, quod fere desolatum et prope interitum erat, translato illius priore ad aliam sedem ad Collegii nostri fundationem converterentur.“ Historia Collegii Viennensis Societatis Jesu a prima eius origine, f. 14 f. — Nat. Bibi. Wien, Cod. ms. 8367. * Boguth (Topographie VI), S. 289 f. — Wiedemann, S. 109 f. 3 Boguth (Topographie VI), S. 290 ff. * StA., Hs. Böhm 57, 166. 5 Vgl. Walter Boguth, Die Aufhebung der Kartause Mauerbach (Jahrbuch des Ver. f. Landeskunde von Niederösterreich I, 1902, S. 297 ff.). 6 StA., Klosterrat, Fasz. 19 (Klosteraufhebungsakten, Mauerbach). Inventars des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Bd. 6. 31