Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Urkundenabteilung von Paul Kletler

12 Die Urkundenabteilung. den Repertorien geschildert. Wenn dabei aus sprachlichen Bequemlichkeits­gründen in der Regel das Wort Archiv angewendet wird, so mag manchmal ein richtiges Archiv darunter verstanden werden, meist aber wird es sich um den ungeordneten Urkundenbesitz eines Geschlechtes handeln oder gar nur um eine künstlich nach dem Betreff (Empfänger) gebildete Ur­kundengruppe, die um den nicht mehr genau faßbaren Kern eines Archivs entstanden ist. Dies sei hier ein für allemal mit Nachdruck bemerkt. Im einzelnen wird der Charakter jeder Urkundengruppe durch die gegebene Beschreibung stets nach Möglichkeit aufgezeigt werden. Wie aus der vor­hergehenden Ausführung ersichtlich ist, bedarf die Urkundenabteilung einer durchgreifenden Neurepertorisierung. Dem Gesamtpläne des Werkes entsprechend (Bd. I S. 157*) muß jedoch der derzeitige Stand mit allen seinen Mängeln wiedergegeben werden.1 1 Über den Stand der Veröffentlichung der Schatzgewölbeurkunden läßt sich nur schwer ein Überblick gewinnen, da die älteren wie die neueren Urkundenpublikationen meist nicht nach Fonds (also etwa Wiener oder Grazer Schatzgewölbe), sondern nach Ländern angelegt sind und daher immer nur zum Teil auch aus dem Schatzgewölbe schöpfen. Es soll hier nur der jetzige Stand der wichtigsten einschlägigen Urkunden­veröffentlichungen übersichtlich angegeben werden. Im übrigen kann auf die lückenlosen Anzeigen und Zusammenstellungen bei Dahlmann-Waitz (Quellenkunde der deutschen Geschichte), in den „Jahresberichten für deutsche Geschichte“, herausgegeben von A. Brack­mann und F. Hartung, und vor allem im „Handbuch der Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn“, begonnen von K. Uhlirz, bearbeitet von Mathilde Uhlirz, l.Bd., 1927 (besonders S. 12ff. Quellensammlungen und Urkundenbücher, und über­dies vor jedem Abschnitt), verwiesen werden. Zahlreiche Urkunden des Schatzgewölbes sind in älteren, den heutigen kritischen Ansprüchen vielfach nicht mehr genügenden Werken, vor allem in den Fontes rerum Austriacarum oder in Regestenform bei Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg, sowie an vielen anderen Orten zerstreut veröffentlicht. Unter den neueren oder heute noch weiter erscheinenden zusammenfassenden Urkundenbüchern fehlt leider vor allem gerade ein Niederösterreichisches Urkundenbuch, das bei der nun einmal üblichen länder­weisen Veröffentlichung der Urkunden den Hauptteil des Schatzgewölbearchivs enthielte — es ist bloß ein 1. Bd. „Urkundenbuch des aufgehobenen Chorherrnstiftes St. Pölten“ (976—1400) erschienen; und das von Oskar Freiherrn von Mitis mit unvergleichlicher Sach­kenntnis zusammengetragene einzigartige Material für ein „Babenbergisches Urkunden­buch“ ist bis heute unverwertet geblieben. Die vorhandenen Urkundenbücher reichen meist nur bis um oder etwas über die Mitte des 13. Jahrhunderts. Das Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark, bearbeitet von J. v. Zahn, reicht mit 3 Bänden bis 1260 (1903); die Monumenta ducatus Carinthiae, herausgegeben von A. v. Jaksch, schließen mit 1269 (1898); das Salzburger Urkundenbuch, herausgegeben von W. Hauthaler und F. Martin, veröffentlicht alle Urkunden in extenso nur bis 1246, 3 Bände (1918). Obzwar es im wesent­lichen eine Fondpublikation darstellt, mit dem Schatzgewölbe fast nichts zu tun hat und daher eigentlich nicht hieher gehört, sei es hier erwähnt und besonders hervorgehoben, weil es in vorbildlicher Weise zeigt, wie die Schwierigkeiten einer Veröffentlichung der Urkunden auch für die Zeiträume, wo ihre Zahl ungeheuer wächst, bewältigt werden können. Ab 1247 wurde eine Trennung vorgenommen: alle Urkunden und chronikalischen Quellen­nachrichten werden in Regesten veröffentlicht (Die Regesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salzburg, bearbeitet von F. Martin), von denen bisher 3 Bände — 1. Bd. 1247—1290 (1928), 2. Bd. 1290—1315 (1931) und 3. Bd. 1315—1343 (1934) — erschienen sind, während die wichtigsten Urkunden, unter dem Titel „Ausgewählte Urkunden“ in extenso gedruckt, den 4. Bd. des Salzburger Urkundenbuchs (1933, herausgegeben von F. Martin) bilden. — Auch am Oberösterreichischen Urkundenbuch, der einzigen dieser Veröffent­lichungen, die über den toten Punkt der Mitte des 13. Jahrhunderts schon frühzeitig hinweggelangte und bereits 1906 mit 9 Bänden bis 1380 reichte, wurde in den letzten

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