Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Handschriftenabteilung von Fritz Antonius

140 Die Handsehriftenabteilung. Diese, aus dem Besitz des böhmischen Hofkammerrats und k. k. Mini- sterial-Banco-Deputations-Buchhalterei-Direktors Franz Mathias von Straka stammend, umfaßt über 60 Bände und besteht zum größten Teil aus von Straka zusammengekauften Manuskripten, weist also die verschieden­sten Provenienzen auf. Sie ist wohl die typische Sammlung eines „Lieb­habers der Historie“ im Sinne des 18. Jahrhunderts. Waren alle diese bisherigen Handschriftenerwerbungen, mit Ausnahme der Innsbrucker, mehr zufälliger Natur, so folgte nun nach Rosenthals end­gültiger Rückkehr nach Wien im Jahre 1753 auch der erste große, sozu­sagen organische Zuwachs an Handschriften mit der Übernahme des Schatzarchivs in die Verwahrung des neuen Zentralinstituts. Über den Umfang dieses großen Zuwachses können wir uns allerdings nur auf indirektem Weg unterrichten. Denn wir besitzen keinerlei Verzeichnis darüber, was im Einzelnen damals übernommen worden ist, und sind daher zu der Annahme gezwungen, daß alle Handschriften der Provenienz Schatz­archiv, von denen wir nicht Zeugnisse anderweitiger Einlieferung besitzen, damals tatsächlich ins Archiv gelangt sind; und darüber hinaus noch jene Manuskripte des Schatzarchivs, die nachweislich später in Verlust geraten sind. Berücksichtigen wir diese Momente, so ergibt sich für die Zeit der Übernahme im Jahre 1753 eine Zahl von etwa 70 Handschriften, wobei allerdings zu bedenken ist, daß der weitaus überwiegende Teil davon da­mals offenbar in seinem Zusammenhang belassen und nicht getrennt von den Urkunden aufgestellt wurde. Denn noch Weinkopf verzeichnet in seinem zwischen 1784 und 1806 verfaßten Repertorium (AB. 2) im ganzen nur 17 „Bücher“ der Provenienz Schatzarchiv, d. h. offenbar nur einen kleinen Teil der zu jener Zeit im Schatzarchiv tatsächlich vorhandenen Handschriften. Die allmähliche Übertragung dieses Archivs in das neue Zentralarchiv, die sich zirka zwei Jahre lang hinzog, war noch lange nicht abgeschlossen, als der Initiative Bartensteins zu Beginn des Jahres 1754 die Erwerbung einer weiteren Anzahl wertvoller Manuskripte gelang. Es handelte sich um die Kollektaneen des Hofhistoriographen Kaiser Karls VI., des Freiherrn Dumont von Karlscroon, die über Bartensteins Antrag aus dem Besitz des Sinzendorfischen Bibliothekars Ledere, eines einstigen Mitarbeiters Du­monts, angekauft wurde. Diese Kollektion von rund 50 Bänden stellte im wesentlichen die Materialiensammlung Dumonts für seine geplante Ge­schichte Kaiser Karls VI. und des Erzhauses Österreich dar und wurde durch lange Zeit — bis zur Neuordnung der Manuskriptensammlung durch Con­stantin von Böhm 1872 — als eigener Archivkörper behandelt und aufge­stellt, doch wurden, außer der Gesamteintragung der Sammlung im Reper­torium A (AB. 105), die einzelnen Bände später auch im Handschriften­repertorium verzeichnet. Rechnen wir nun noch dazu die 17 Manuskriptbände, die das StA. im Jahre 1755 aus der Registratur der Staatskanzlei übernahm, näm­lich die historischen Kollektaneen des Jesuitenpaters Steyrer und einen Teil der Werke der beiden Tiroler Historiographen Math. Burgklehn er und Franc. Guillimannus, so haben wir alles aufgezählt, was das Ar­chiv am Ende des ersten Jahrzehntes seines Bestandes an Handschriften in

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