Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)

Die Urkundenabteilung von Paul Kletler

Franz Paul Edler von Smitmer, Comthur des Maltheserordens und Domherr zu St. Stephan in Wien, geh. 1740, gest. 1796, erwarb die alte Siegelsammlung des Paduaner Grafen und Gelehrten Sertori Orsato. Die Sammlung war nach Orsatos Tod 1678 in den Besitz des holländischen Ge­sandten in Venedig van Stryker gelangt, von dem sie an den Nürnberger Kaufmann Geysel kam. Dann erheiratete sie der sächsische Historiograph Hof- und Justizrat Glaffey, der sie auch ergänzte, und endlich kam sie an Smitmer. Dieser erweiterte sie bedeutend, schrieb einen Kommentar (AB. 411/2) und legte Register (AB. 410/1—41; 41 Verzeichnis der origi­nalen Metallstempel) an. Nach Smitmers Tod gelangte die Sammlung in den Besitz des fürstlich starhembergischen Wirtschaftsdirektors Kowalch, dann des geheimen Kabinettsoffizials Wenzel Löschner (dieser ergänzte die Behelfe durch Anlage des Kataloges AB. 410/42—48), von dessen Witwe sie im Jahre 1818 — zirka 9000 Stück — durch Kauf um 3800 fl. in den Besitz des StA. überging1 (O. Posse „Typarfälschungen in der Smitmeri- schen Siegelsammlung des StA. zu Wien nach Mitteilung v. Zeißbergs“ in den MIÖG. 14, 488). Smitmer selbst erzählt in seiner erwähnten Beschreibung der Samm­lung (AB. 411/2), daß diese 8073 Gipsabdrücke enthalte; zu Zeißbergs Zeit waren es zirka 9000 und heute dürften es etwa 12.000 sein, wozu noch 620 (vom alten Bestand der Smitmersammlung nur 386) metallene Typare kommen; die von E. v. Berchem „Siegel“ S. 176 genannte Zahl 25.000 ist falsch. Als gelegentlich des Kaufanbotes der Sammlung, bereits im Jahre 1810,2 Gutachten über deren Wert und Bedeutung eingeholt wurden, heißt es in dem zum Ankauf ratenden Vortrag Metternichs an den Kaiser vom 27. Dez. 1810: „Das Lob, welches Sachkundige von dieser nach ihrem Urtheile ein­zigen und besonders für die Geschichte des Mittelalters äußerst wichtigen Sammlung einstimmig aussprechen, scheint rücksichtlich ihres Werthes keinen Zweifel übrig zu lassen.“ Und gleich darauf wird die Sammlung als ein „für Kunst und Geschichte so interessanter Schatz“ bezeichnet. In dem Vortrag vom 16. April 1818, auf den die kaiserliche Entschließung über den Ankauf erfloß (1811 war der Ankauf wegen Finanzknappheit unterblieben), rät Metternich auf den Ankauf für das StA. mit der Begrün­dung ein, „daß die Siegelkunde ein wesentlicher Teil der Archivwissen­schaft ist“ und „daß nur bei diesem Institute die Fortsetzung und Vervoll­kommnung dieser wahrhaft seltenen Collection am leichtesten bewirkt werden kann“. W. Ewald „Siegelkunde“ S. 20 nennt die Smitmersammlung unter den bedeutendsten Europas (andere reichhaltige und wertvolle Sammlungen im Musée Sigillographique in Paris, im Preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin, im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden, im Germanischen Museum in Nürnberg, im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München; 1 Entscheidung Metternichs vom 16. Nov. 1818 (StK. Korr. 81). 1 Übrigens ist bereits 1808 im Zusammenhang mit dem Plan, eine „Heraldische Kammer“ zu errichten, von dem Ankauf „der Sammlungen des Domherrn Smitmer, die nun das Löschnerische Cabinet bilden“ die Rede. Staatsverträge, Drucke und Abschriften — Die Siegelsammlungen des StA. 129 Inventare des Wiener Hans-, Hof- und Staatsarchivs, Bd. 6. 9

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