Inventare Teil 5. Band 6. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1938)
Die Urkundenabteilung von Paul Kletler
Die Türkischen Urkunden — Das böhmische Kronarchiv. 109 über das Ministerium des Äußern dem StA. übermittelt.1 In seinem Bericht vom 20. Nov. 1861 über eine Revision der Orientalischen Abteilung des StA. kann der damalige Direktor der k. k. Orientalischen Akademie, der frühere Intemuntiatursdolmetsch Legationsrat Freiherr von Schlechta, von der „Reconstruirung bzw. Completirung“ dieser Abteilung sprechen; er beendete auch die von Gévay begonnene Umarbeitung und Ergänzung des Repertoriums (AB. 405). Freilich waren im ganzen nur 26 Originalurkunden (11 im Jahre 1859 und 15 im Jahre 1861) zugewachsen, so daß die Gesamtzahl der türkischen Urkunden heute also etwa 1350 beträgt, wovon jedoch etwa 100 (vor 1555, im Repertorium mit A bezeichnet) bei den türkischen Akten liegen. Auf Grund der letzten gründlichen Nachforschungen, die im Jahre 1924 von Winter, dem damaligen Direktor der Konsularakademie, durchgeführt wurden, äußert dieser in seinem Berichte vom 22. Mai dieses Jahres die Überzeugung, die 16.000 türkischen Originalurkunden des Krafft- schen Katalogs hätten „nie existiert“, Krafft habe offenbar „vage Erzählungen als Tatsache hingenommen“. Das böhmische Kronarchiv.2 Die erste der drei großen „Archivreisen“, die Rosenthal im Auftrag Maria Theresias nach Prag, Innsbruck und Graz unternahm, war die nach Prag im Jahre 1749. Nach seiner ganz ähnlich wie in den folgenden Jahren für Innsbruck und Graz lautenden Instruktion vom 13. September sollte er aus Prag 1. die Hausurkunden, 2. die Urkunden betreffend die Gesamtmonarchie und 3. die Urkunden betreffend die Rechte des Landesfürsten und die Grundverfassung der Länder, d. h. in diesem Falle „die Cron Bö- heim und das Königreich in corpore betreffende Urkunden“ im Original nach Wien bringen, während von den „die Stände, Landessachen und die Inwohner“ betreffenden Urkunden nur authentische Abschriften angefertigt werden sollten.3 Rosenthal fand nun das sogenannte Kronarchiv im wesentlichen in dem dafür eingerichteten Repositorium an der St. Wenzels-Kapelle des 1 Reg. des StA. Z. 74/1861. s Diese wie die folgenden Ausführungen über nicht mehr im StA. befindliche Bestände sind naturgemäß weniger eingehend gehalten und stützen sich in der Hauptsache nur mehr auf die noch vorhandenen Archivbehelfe. Vgl. über das böhmische Kronarchiv: G. Winter, Die Gründung des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs, A. ö. G., 92. Bd„ S. 23, 31—34, und zuletzt Rud. Koss, Provenience éeskj-ch archiválic vei státnim archivu videnském (Die Provenienz der böhmischen Archivalien im Wiener Staatsarchiv). Zprávy ceského zemského archivu VI (1924). Ders., Tschechoslowakisches Archivwesen und Archivliteratur (Archival. Zeitschr. 1928). Gleich nach der im Jahre 1920 erfolgten Auslieferung des böhmischen Kronarchivs an die Tschechoslowakei (vgl. Bd. I S. 43*) begannen die tschechischen Fachleute mit der Veröffentlichung der Urkunden des böhmischen Kronarchivs. Zunächst gab Rud. Koss einen „Urkundenkatalog“ von 1158—1346 heraus: Archiv Koruny éeské 2. Katalog listiu z let 1158—1346, 1928. Dann erschien V. Hruby, Archivum coronae regni Bohemiae tom. II 1346—1855, 1928 (vollständige Texte nach dem Muster der Diplo- mata-Ausgaben der Mon. Germ.); endlich Mendi, Regesta diplomatica neonon epistolaria Bohemiae et Moraviae, Pars VI (1355—1363) Fasz. 1 und 2 (1355—1357), 1928. 3 Vgl. Bittner Bd. 1 S. 17*, Anm. 6.