Inventare Teil 5. Band 5. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1937)

Das lothringische Hausarchiv nach Vorarbeiten von Otto Brunner von Jakob Seidl

Das Lothringische Hausarchiv. 67 Verwaltung Lothringens bezüglichen Akten, D die das Herzogshaus betref­fenden Schriftstücke umfassen. Sie bilden zusammen die spätere Abtei­lung 1 des Lothringischen Hausarchivs. Zu den Armoires A, B und C hat Thiery selbst das Inventar verfaßt, welches nicht nur eine Übersicht, sondern auch Stückverzeichnisse enthält. Die Armoire D hat Thiery noch geordnet und die einzelnen Pakete mit Aufschriften versehen. Zur Abfassung des Inventars ist er jedoch nicht mehr gekommen, sei es, daß das Archiv nach Wien gebracht wurde, sei es, daß er andere Arbeiten übernehmen mußte oder starb. Erst im 19. Jahrhun­dert hat Knechtl zu dieser Armoire das Inventar angelegt, worauf wir noch zurückkommen werden. Am Wiener Hofe war man über die Ordnungsarbeiten Thierys unter­richtet. Es ist ein Schreiben des oben erwähnten de Molitoris vom 10. Dez. 1740 erhalten, in dem dieser das Vorgehen Thierys bei den Ordnungsarbei­ten billigt und sich mit einer Ausscheidung wertloser Stücke einverstanden erklärt. Auch wurden damals aus besonderen Anlässen Archivalien von Florenz nach Wien gesendet,1 die wohl nicht mehr nach Florenz zurück­gekommen sein dürften. Wann das Lothringische Archiv von Florenz nach Wien gebracht wor­den ist, läßt sich nicht feststellen. Sicher ist nur, daß dies noch zu Leb­zeiten Kaiser Franz’ I. (gestorben am 18. Aug. 1765) geschah, daß zugleich eine Anzahl das Großherzogtum Toskana betreffende, nach 1736 entstan­dene Akten nach Wien gebracht worden ist und daß diese Bestände nicht sogleich dem StA. einverleibt, sondern in der Geheimkanzlei Franz Ste­phans hinterlegt wurden. Man dürfte sich in dieser auch eingehender mit dem Lothringischen Hausarchiv beschäftigt und zu demselben ein chrono­logisches, den Zeitraum von 1096—1758 umfassendes Repertorium ange­legt haben, welches heute den AB. 307 des StA. bildet, jedoch unvollständig und daher unbenützbar ist. Die Schrift dieses Repertoriums stammt nicht von der Hand eines im StA. nach 1765 tätigen Beamten. Damals sind viel­leicht auch die das Herzogtum Teschen betreffenden Akten vom Lothrin­gischen Hausarchiv geschieden worden, die sich heute in der Abteilung „Österreichische Akten-Schlesien“ des StA. befinden.1 2 Wenige Tage nach Franz’ I. Tod, am 25. Aug. 1765, begannen die Verhandlungen über das weitere Schicksal dieser Bestände. Der Direktor der Geheimkanzlei des verstorbenen Kaisers, Johann Adam Freiherr von Posch, wohl durch das Drängen der toskanischen Regierung veranlaßt, stellte an diesem Tage die Anfrage, ob die das Großherzogtum Toskana allein betreffenden Schriften alsbald einzupacken und nach Florenz zu senden seien und ob das Loth­ringische Haus- und Familienarchiv in Wien zu verbleiben habe.3 Zur Rück­gabe der toskanischen Bestände ist es damals noch nicht gekommen, da Staatskanzler Kaunitz dagegen Einspruch erhob und dafür eintrat, daß das ganze Archiv dem StA. übergeben werde, wo es genau durchforscht werden solle und sodann die Toskana betreffenden Stücke ausgeliefert wer­1 Lothr. Hausarchiv 3. Abt., 294. 8 Siehe Österr. Akten - Schlesien im III. Band. 3 Posch-Akten, ältere Serie Konv. 9 (oben S. 43). 5*

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