Inventare Teil 5. Band 5. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1937)
Das lothringische Hausarchiv nach Vorarbeiten von Otto Brunner von Jakob Seidl
68 Das Lothringische Hausarchiv. den könnten.1 Die Übergabe an das StA. dürfte anfangs November 1765 erfolgt sein, da am 30. Okt. 1765 Josef II. in einem eigenhändigen Schreiben Posch beauftragte, Rosenthal zu verständigen, er möge das Lothringische Hausarchiv übernehmen, welchen Auftrag Posch noch am selben Tag durchführte.1 2 Die meisten Toskana betreffenden Schriftstücke sind erst am 24. Jan. 1768 dem zur Übernahme nach Wien geschickten großherzoglich toskanischen Sekretär H u m b u r g übergeben worden.3 Über das Schicksal des Lothringischen Hausarchivs im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts sind wenig Nachrichten erhalten. Ordnungsarbeiten dürften nicht vorgenommen worden sein.4 Dagegen wurden verschiedene andere Bestände in diesem Zeitraum mit dem Lothringischen Hausarchiv vereinigt. Am 23. April 1770 übergab die Staatskanzlei dem StA. einen Teil des Nachlasses des Prinzen Karl Josef von Lothringen, Bischofs von Olmütz und Osnabrück, Erzbischofs von Trier.5 Auch wurden damals verschiedene Schriftstücke aus dem Nachlaß des Bruders des Kaisers Franz, des Prinzen Karl von Lothringen, mit den lothringischen Beständen vereinigt, worüber allerdings kein aktenmäßiger Beleg erhalten ist. Vom Archivoffizial Josef Bühler, der in den Jahren 1802—1806 am StA. tätig war, wurde zu den Inventaren Thierys ein alphabetischer Index in Buchform angelegt, der auch die Armoire D, zu der Thiery kein Inventar mehr angelegt hat, berücksichtigte. Dieser Index, welcher nicht verläßlich ist, bildet den AB. 308/3, ist aber mit Rücksicht auf die später zu erwähnende Ordnungsarbeit Knechtls für die Armoire D nicht benützbar. Im Jahre 1805 ist wohl auch das Lothringische Hausarchiv mit vielen anderen Beständen des StA. vor den Franzosen nach Ungarn geflüchtet worden. Ein von der Staatskanzlei am 29. Mai 1807 an den Archivar von Gaßler gerichteter Auftrag, alle „dem System nach nicht in das geheime Staats-, Hof- und Hausarchiv gehörigen Aktenstücke, Partheysachen, Rechnungen, Bestallungen etc.“ aus der Lothringischen Abteilung auszuscheiden, scheint nicht ausgeführt worden zu sein. Im Jahre 1809 wurde das Lothringische Hausarchiv — ob zur Gänze, ist nicht feststellbar — mit vielen anderen Teilen des StA. von den Franzosen nach Paris entführt, im Jahre 1815 nach Wien zurückgebracht, aber erst 1819 wieder der Archivdirektion übergeben. 1 Das Konzept dieser „Wiederhohlt allerunterthäuigsten Vorstellung“ mit dem Expeditions-Datum 7. Okt. 1765 befindet sich StK., Vorträge 145, das nicht resolvierte Original ohne Datum bei Posch-Akten, ältere Serie Konv. 9. 2 Posch-Akten, ältere Serie Konv. 9. 2 Unter den damals ausgelieferten Beständen befanden sich vor allem die toskanischen Betreffe aus den Nachlässen der Grafen Emanuel und Heinrich Richecourt, zweier Lothringer, die sowohl in toskanischen als auch in österreichischen Diensten gestanden waren. 4 In einem von der Direktion des StA. am 1. Juni 1784 an die Staatskanzlei erstatteten Bericht heißt es nur, daß zu dem lothringischen Archiv ein wohlgeordnetes Verzeichnis — sicherlich das oben erwähnte Inventar Thierys — vorhanden sei, mit dessen Hilfe die Vollständigkeit überprüft werden solle. 5 Ein Teil dieses Nachlasses ist bereits 1737 nach Florenz gebracht und von Thiery mit den anderen lothringischen Archivalien geordnet und verzeichnet worden.