Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

48* Einleitung. Monarchie auf seinem ureigenen Gebiete der Archive des kaiserlichen Hauses und der Zentralstellen der Gesamtmonarchie in den im Jänner 1914 festgestellten Ausmaßen (oben S. 36*) eine durchaus aktive Rolle zu,1 näm­lich die Übernahme sämtlicher noch nicht in seiner Verwahrung befind­lichen Teile der Registraturen des Min. d. Äuß. und der Missionen,1 2 der Kabinettskanzlei und der zentralen Ratskollegien,3 der Hofbehörden und der Verwaltungen der Privatgüter des kaiserlichen Hauses4 bis November 1918. Diese Übernahme wurde in verhältnismäßig kurzer Zeit durchgeführt und brachte dem Archiv einen Zuwachs von vielen Tausenden von Faszikeln und Bänden, der rasch gebrauchsfähig gemacht wurde. Die Unterstellung des Hofkammerarchivs5 6 unter die Vorgesetzte Be­hörde des StA., das deutschösterreichische Staatsamt für Äußeres, die schon am 9. November 1918 durch eine Erklärung des Archivbevollmäch­tigten des deutschösterreichischen Staatsrats Dr. L. M. Hartmann und noch­mals über Antrag Oswald Redlichs durch einen vor den von der österr. Regierung eingesetzten Organen für die Übernahme des Staatseigentums, den Liquidierungsinspektoren, am 21. Februar 1920 vorgenommenen Über­nahmsakt rechtskräftig ausgesprochen wurde, führte nicht, wie es anfangs scheinen mochte,8 zu einer Vereinigung dieses Archivs mit dem StA., und zwar wegen des Widerstandes des Bundesministeriums für Finanzen, das in Übereinstimmung mit dem Archivamt die Vereinigung mit seinem eigenen Archiv anstrebte. Das Hofkammerarchiv blieb jedoch als selbständige An­stalt erhalten und wurde schließlich im Zuge der durch die Genfer Proto­kolle vom Oktober 19227 eingeleiteten Sparmaßnahmen und Zusammen­legungen der Ministerien dem Bundeskanzleramte unterstellt.8 Das StA. konnte also bisher grundsätzlich den in der Erklärung des k. u. k. Min. d. Äuß. vom 15. Jänner 19149 umschriebenen Besitzstand an Archivalien der Gesamtmonarchie und den in der Ära des Auswahl­systems und des Zentralinstituts zugewachsenen Besitzstand an Archiva­lien der einzelnen Länder aufrechterhalten, welche beide seine wissen­schaftliche Eigenart bestimmen. Bei der Beurteilung des Wirkungskreises der Anstalt muß noch in Betracht gezogen werden, daß in der Nachkriegs­zeit, wie unten näher auszuführen sein wird,10 einzelne Beamte des StA. mit der Ausübung der obrigkeitlichen Agenden hinsichtlich der allgemeinen Fachfragen und der Verhandlungen mit dem Ausland sowie hinsichtlich des Archivalienschutzes für alle österr. Archive betraut wurden. 1 Bittner, Das StA. in der Nachkriegszeit a. a. 0. 147—155. 2 Siehe unten S. 407 ff. 3 Siehe die Ausführungen Reinöhls im 2. Bd. 4 Siehe die Ausführungen von Kraus im 2. Bd. 5 Siehe oben S. 33*, 35*, 37*. 6 Das Staatsamt für Äußeres erließ am 25. Aug. 1920 für das Hofkammerarchiv ein Statut, das mit dem für das StA. erlassenen vom 9. Aug. 1920 (unten 2. Abschnitt § 4) wörtlich gleichlautend war. Es teilte auch mehrfach Beamte des StA. dem Hof­kammerarchiv zur Dienstleistung zu. 7 Oben S. 41*. 8 Vgl. unten 2. Abschnitt § 3. 9 Oben S. 36*, 38*. 10 Vgl. unten 4. Abschnitt § 2.

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