Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)
Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter
134 Biographien. forschung teil. Im Oktober 1871 bewarb er sich um eine Anstellung am StA., unterlag dabei in der Bewerbung G. Winter und mußte sich mit der Aufnahme als unbesoldeter Konzeptsaspirant begnügen (März 1872). Aber schon zu Weihnachten 1872 erhielt er ein Adjutum und am 13. April 1873 Titel und Rang eines Archivkonzipisten. Die weitere Laufbahn war folgende: 27. Nov. 1875 Archivkonzipist 2. Klasse, 13. Mai 1880 Archivkonzipist 1. Klasse, 20. März 1886 Titel und Charakter eines Haus-, Hof- und Staatsarchivars, 21. April 1892 Haus-, Hof- und Staatsarchivar, 26. Dez. 1893 Titel und Charakter eines Sektionsrates, 1. Jan. 1902 Sektionsrat. Sch., der seit 1899 auch päpstlicher Hausprälat war, ist am 9. Okt. 1904 in Wien gestorben und wurde in Prigglitz bei Gloggnitz begraben. Sch. war im StA. zunächst der Abteilung Osteuropa, dann der Abteilung Hofarchive zugewiesen und leitete — seit ihrer Einlieferung (Januar 1886) — die Abteilung Staatsratsarchiv. Er führte auch die Einlieferung und Verzeichnung neuer Bestände aus dem Obersthofmeisteramte und aus dem Min. d. Kais. Hauses sowie aus der Burghauptmannschaft (Vertrauliche Akten, Bittschriften aus der Zeit Kaiser Franz’ II.) durch und übernahm den Nachlaß Lacy (1714 bis 1795). Allzu häufig ist allerdings Sch.s Hand in den Amtsakten und Archivbehelfen des StA. nicht anzutreffen. Als größere Ordnungsarbeit wäre noch die Ordnung und Aufstellung des Schriftennachlasses des Ministers Johann Philipp Freiherrn von Wessenberg zu verzeichnen (AB. 38/3). Sehr beliebt und sicher mit Geschick tätig war Sch. im Fremdendienst, wobei ihn besonders enge Beziehungen mit der russischen historischen Gesellschaft (korr. Mitglied) und der ungarischen historischen Gesellchaft (Ehrenmitglied) verbanden. Für eine sorgfältige Ausarbeitung über den italienischen Dichter Giov. de Gemarra (saec. XVIII), über den er Nachforschungen in mehreren Wiener Archiven und Bibliotheken betrieb, für den italienischen Minister Minghetti wurde Sch. mit einem italienischen Orden ausgezeichnet (1884). Viel Zeit und Arbeitskraft verwendete Sch. auf seine archivarischen Nebenstellen. Er war Archivar der Grafen Wilczek und hatte als Archivar in den hochadeligen Kreisen Österreichs überhaupt einen guten Namen. So wurde er auch von der Familie Kinsky in archivalischen Fragen zu Rate gezogen. Seine Hauptfreude aber war das Universitätsarchiv, das er schon seit 1875 und bis zu seinem Tode betreute. Um die innere Erschließung dieses Archivs hat sich Sch. durch eine Reihe wertvoller Veröffentlichungen, die er allerdings unter weitgehender Unterstützung durch Hartl und dann durch Goldmann herausgab, verdient gemacht. Außerdem schrieb er mehrere Aufsätze zur Geschichte des niederen und mittleren Schulwesens in Österreich, wozu ihn die Beschäftigung mit dez „hohen Schule“ angeregt haben mag. Ebenfalls durch Studien zur Wiener Universitätsgeschichte angeregt, aber weit darüber hinausführend in das bisher von Sch. nicht beackerte Gebiet der Religionsgeschichte des 16. Jahrhunderts, ist Sch.s letztes Werk: „Der Reichshofrath Dr. Georg Eder. Eine Briefsammlung als Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation in Niederösterreich“, von dem Sch. leider nur mehr den ersten Teil herausbringen konnte. Außerdem war Sch. als gräflicher Archivar auch in genealogischen