Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter

Schmidt—Schrauf. 133 das Hofkammerarchiv kam. Demgegenüber fallen seine Bemühungen, dem geh. Hausarchiv einzelne Staatsurkunden aus dem Archiv der Reichskanzlei zu verschaffen, dessen Schätze ihm für seine Arbeiten geöffnet worden waren (1784), wenig ins Gewicht. Von Interesse ist auch, daß Kaiser Jo­sef II. den Abbé Sch. zum Geschichtslehrer seines Neffen, des späteren Kaisers Franz, ausersehen hat. Er versprach sich von seiner Gelehrsamkeit und seinem Vortrag besonders viel für die Ausbildung des jungen Thronkandi­daten.1 Endlich war es Kaunitz’ Absicht gewesen, den neuen Archiv­direktor „zu den von Zeit zu Zeit vorfallenden oder vorzubereitenden außer­ordentlichen Ausarbeitungen, Deduktionen oder sonstigen Staatsschriften zu gebrauchen“. An solchen ist aber recht wenig, so eine vielfach ge­schichtlich begründete Ausarbeitung über die Ehe als bürgerlicher Ver­trag, eine andere über die ungarische Herrschaft in Dalmatien und eine dritte über die Rechte des Königreiches Ungarn auf verschiedene türkische Provinzen (Fragmente), überliefert.2 Am meisten hat natürlich in Wien Sch.s „Geschichte der Teutschen“ Förderung erfahren. Er hat hier die größere zweite Hälfte (6. bis 12. Teil); vollendet und das Werk bis auf Ferdinand III. geführt. Doch hat man mehrfach festgestellt, daß diese späteren Bände nicht den Schwung und Reichtum an leitenden Gedanken aufweisen wie die ersten, daß der Verfasser in dem allzureichen Stoff erstickte und auch durch dynastische Rücksichten gehemmt war. Sch. blieb dem eigentlichen Archivdienst innerlich fremd, wie auch aus seinem 1784 erstatteten Vorschlag hervorgeht, das Personal nach Durch­führung der Repertorisierung zu verringern. Nach seinem Tode fand man, wie dies bei „Archivaren“ seines Schlages nicht anders zu erwarten war, eine Unmenge ungeordneter „Relikten“ vor. Die Erwartungen, die man bei seiner Berufung hegte, haben sich also in keiner Weise erfüllt. Seine Direktion gehört zu den unfruchtbarsten in der ganzen Geschichte des Archivs. Was in dieser Zeit geleistet wurde, ist ausschließlich das Werk Roschmanns. Literatur: Hormayr, Der österr. Plutarch 16, S. 174—190; Wurzbach, Biograph. Lexikon des Kaisertums Österreich, Bd. 30, S. 303—308, und die hier angegebene Literatur; Allgemeine deutsche Biographie 32, S. 6—8, und die hier angegebene Literatur; FueterEd., Neuere Historiographie, S. 376; Berney, M. J. Schmidt, Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Historiographie im Zeitalter der Aufklärung (Hist. Jahrb. 44, S. 211—239). Schrauf Karl, geb. am 11. Jänner 1835 zu Wien, absolvierte die Gym­nasialstudien in Wien und Preßburg. Er studierte sodann Theologie, trat in den Piaristenorden ein und war an den Lehranstalten dieses Ordens zu Wien, Horn, Freistadt und Krems tätig. 1869 begann er die Studien an der philosophischen Fakultät der Universität Wien und nahm 1871/72 als ordentl. Mitglied an dem Lehrgang des Österr. Instituts für Geschichts­1 Im betreffenden Billett Josefs II. an Kaunitz (Sep. prot. d. Handbilletten 1784, Bd. 8, n. 31) heißt es: „Sch. soll sich zu diesem seinen künftigen Geschäft von nun an vorbereiten und sich gefaßt halten, dem Erzherzog die deutsche Geschichte von Carolo Magno an nach und nach vorzutragen und zu erklären.“ * Sie erliegen jetzt in der Handschriftenabteilung unter n. 144, 901 und 978. Zum Gutachten betreffend die ungarische Herrschaft über Dalmatien (insbes. Fiume) vgl. auch Art. Roschmann und Staatsrat n. 3174/1794.

Next

/
Thumbnails
Contents