Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

34* Einleitung. Führung des StA. zu bringen, können wir heute nicht beurteilen, da es hiefür durchaus an Quellen mangelt. Jedenfalls haben diese Erwägungen die Haltung Arneths mitbestimmt, der ja übrigens nach seinen ganzen bis­her dargelegten archivalischen Anschauungen dem neuen Plan ablehnend gegenüherstehen mußte. So sprach er sich denn in einer Denkschrift vom 29. Juni 18851 gegen die Vereinigung der drei großen Archive mit dem Kabinettsarchiv aus. Erstere blieben selbständig. Das Kabinettsarchiv wurde aufgeteilt. Das dort verwahrte Archiv des Staatsrates wurde dem StA., die Ungarn und Siebenbürgen betreffenden Akten wurden dem ungari­schen Landesarchiv, die Militärakten dem Kriegsarchiv zugesprochen. Der immerhin noch sehr bedeutende Rest blieb in der Kabinettskanzlei. Die Idee der Vereinigung aller unter „gemeinsamer“ Verwaltung stehenden Zivilarchive zu einem Zentralarchiv war dadurch für immer begraben. Immerhin aber bedeutete die Übernahme der Registratur des Staatsrates, im Jänner 1886 doch einen gewissen Fortschritt in der Ausgestaltung des. StA. zu einer Sammelstätte der Registraturen der obersten zentralen Be­ratungskörper für die Gesamtmonarchie. War mit der Registratur des Staatsrates ein geschlossener, einheit­licher Archivkörper in das StA. gelangt, so feierte in demselben Jahre 1886 das Auswahlsystem wieder seine Auferstehung, indem Arneth vom Archiv des Min. d. Inn. die Akten einforderte, „welche von Mitgliedern des Aller­höchsten Kaiserhauses herrühren oder sich auf sie beziehen“, dagegen auf die Akten verzichtete, „welche die staatsrechtlichen Verhältnisse der einzel­nen Theile der Monarchie und ihre Stellung zum Ganzen betreffen“. Dieser Auswahl verdankt der Bestand „Hofakten aus dem Ministerium des Innern“ * 1 2 seine Entstehung, der hauptsächlich aus Akten der österreichischen Hof­kanzlei und ihrer Vorgänger und Nachfolger besteht. Als 1896 der glück­licherweise niemals zustandegekommene Plan einer Aufteilung des Hof­kammerarchivs 3 zwischen Österreich und Ungarn festere Formen anzu­nehmen schien, forderte Arneth die das Kaiserhaus, die Gesamtmonarchie und das Deutsche Reich betreffenden Archivalien dieses Archivs für das StA. an. Also Verzicht auf die Gewinnung der unter „gemeinsamer“ Ver­waltung stehenden Archivkörper und Fortsetzung des Auswahlsystems. Auf dem Standpunkt des Verzichtes stand auch Arneths Nachfolger Winter. Schon am 13. Jänner 1899 und noch deutlicher am 5. Dezember 1899 schrieb er: „Das StA., noch in den ersten Jahrzehnten des gegenwärti­gen Jahrhunderts allerdings als eine centrale Sammelstelle für die wich­tigeren Archivalien des österr. Kaiserstaates gedacht, ist also heute, was seine fortlaufenden Ergänzungen betrifft, das Archiv einer einzigen Central­Oberaufsicht der Wiener Staatsarchive schon jetzt ein vollkommen verläßlicher Fach­mann betraut werde“, was sich offensichtlich gegen Arneth richtete. Nach einer im StA. bestehenden mündlichen Überlieferung strebte damals der ungarische Bischof Fráknoi die Direktorstelle des neu zu errichtenden „österr.-ungar. Staatsarchivs“ an. Aus den Akten erfahren wir nur, daß Arneth sich drei Jahre später, am 27. Febr. 1888, gegen die Berufung von Fremden aussprach. L. Bittner, A. von Károlyi, a. a. 0. 5. 1 Vgl. F. von Reinöhl a. a. 0. 223. 2 Vgl. unten S. 257 AB. 480 c und die Ausführungen von Reinöhl im 2. Band. 3 Vgl. oben S. 33* Anm. 3.

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