Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)
Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter
122 Biographien. Immerhin war das Ergebnis der unter R. vorgenommenen Einziehungsund Ordnungsarbeiten leider das, daß fast alle in dem neuen Archiv zusammengetragenen Archivkörper unvollständig waren, daß überhaupt keine einheitliche Ordnung bestand und daß das meiste nicht vollendet war. Es war teils eine Folge des Schwankens zwischen verschiedenen Ordnungssystemen, teils aber auch — wir können R. diesen Vorwurf nicht ersparen — eine Folge seines nicht übermäßigen Fleißes, daß er während einer 30jährigen Dienstzeit die Neuordnung der österr. Abteilung nach Materien nur bis zur Rubrik XXVIII durchzuführen vermochte, während der Rest in der von Putsch vorgenommenen Lagerung verblieb, und daß die großen Repertorisierungspläne nur zum kleinen Teil verwirklicht waren. Von R.s Hand besitzen wir an Behelfen nur AB. 374 a, ein chronologisches Repertorium zu den österr. Urkunden, das aber lückenlos nur bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts und dann in großen Sprüngen bis 1765 reicht, ferner den Hauptteil von AB. 374 b/1-—5 („Repertorium materiarum“ der österr. Abteilung) und AB. 387 a, das Materialrepertorium zu den böhm. Urkunden; unter ihm entstanden noch AB. 387 c und vielleicht AB. 387 d zur böhm. Abteilung sowie die eben erwähnten Regesten zu den Reichsregisterbüchern (die umfangreichen AB. 324 und 325). Als eine gewisse Entschuldigung für den langsamen Fortgang der Arbeit im Archiv können allerdings die vielen umfangreichen Denkschriften und Gutachten gelten, die R. im Auftrag seiner Vorgesetzten Behörde verfassen mußte. Anderseits müssen sie in das Gesamtbild seiner persönlichen Arbeitsleistung, seines Lebenswerkes eingefügt werden. Sein Nachlaß, heute in der Abteilung „Archivalische Arbeiten“ sowie auch im Faszikel 42 der Abteilung „Österr. Akten-Tirol“, enthält Aufzeichnungen und Ausarbeitungen zur Geschichte und zum Staatsrecht Österreichs, Böhmens und Ungarns (für eine 1772 auch im Druck erschienene Abhandlung über das Anrecht der Krone Ungarns auf Rothreussen und Podolien empfing R. von Maria Theresia glänzenden Lohn: die Wahl zwischen einem Honorar von 2000 fl. und einem Ring dieses Wertes), aber auch zu den historischen Hilfswissenschaften (Heraldik und Diplomatik).1 R. hat sich endlich auch mit der archivwissenschaftlichen Literatur seiner Zeit beschäftigt, besonders eingehend mit dem Werke von Ph. E. Spieß. Seine praktische Arbeitsleistung im Archiv ist jedoch — daran ist nichts zu ändern — sehr bescheiden, besonders gemessen an der von R.s Nachfolger Roschmann (unter der Direktion Schmidts), der in vier Jahren (1780 bis 1784) die Urkunden aller drei Abteilungen chronologisch ordnete und die zugehörigen Behelfe anlegte. Aber um R., zumal vom Standpunkt der heutigen archivalischen Grundsätze aus, gerecht zu werden, sei nochmals betont, daß R. die organisch erwachsenen, selbständigen Archivkörper doch bis zu einem gewissen Grad — und zwar bewußt — geschont hat, während Roschmann 1 Siehe unten die Abschnitte: österreichische Akten, Tirol, und Archivalische Arbeiten (3. Band).