Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter

Rosenthal. 121 nach Wien zu bringen, war auf dem Betreffsprinzip aufgebaut. Es handelte sich im wesentlichen um Akten, die aus der Reichshofkanzlei hervor­gegangen und von der Zeit K. Rudolfs II. her in Prag geblieben waren. Von diesen kamen nun tatsächlich auf R.s Betreiben 1750 und dann wieder 1771 und 1773 ins StA.: Akten betreffend Italien, Polen (ergänzt durch Akten der Innerösterr. Regierung, die R. 1752 aus Graz kommen ließ), die Schweiz (ergänzt durch Akten aus Innsbruck), Ungarn und Venedig. Von anderen aus Prag gekommenen Reichsakten wurden noch in der RK. die politischen, die Gratial- und Lehensakten in die verschiedenen Abteilungen des Reichsarchivs eingeteilt, während die Prozeßakten noch heute als „Alte Prager Akten“ einen eigenen Bestand der Registratur des Reichshofrats bilden. Damals (1773) kamen auch des Betreffs wegen wichtige Teile der heutigen Abteilung „Österreichische Akten“ ins StA. und damit ein Teil seines ältesten Aktenbestandes. Ergänzt wurden sie durch Akten aus der österr. Hofkanzlei (bei österreichische Akten-Ober- österreich). Aus der Registratur dieser Stelle wurden auch 1754 Teile der Westphälischen Friedensakten sowie 1771 die die Zipser Städte betreffen­den Akten ans StA. abgegeben. Diese „auswählende“ Methode R.s wird oft zur ausgesprochenen „Sammeltätigkeit“. So, wenn R. einzelne Teile und Splitter aus landstän­dischen und Gemeindearchiven erwarb (aus den landständischen Archi­ven von Oberösterreich — bereits wieder nach Linz zurückgegeben — und Krain und aus den Stadtarchiven von Enns und Wien). So erklärt sich auch R.s großes Interesse für private Sammlungen: er erwirbt aus dem Be­sitze des Hofkanzlers Grafen Ludwig von Sinzendorf, mit dessen Bi- bibliothekar Le Clerc er befreundet ist, 1754 die später als „Collection diplomatique“ bezeichnete Sammlung Dumonts von Abschriften (vereinzelt auch Originalen) von Aktenstücken aus verschiedenen europäischen Archi­ven und literarischen Quellen zur Geschichte Europas von 1640 bis 1725, und vor allem — in den ersten Jahrzehnten seiner Tätigkeit — zahlreiche private gelehrte Handschriftensammlungen, so die Sammlungen Nostitz, Ödt, Kinsky, Straka und Borschek. Aber gerade hier ist doch wieder dankbar anzuerkennen, daß R. diese meist in Prag befindlichen Handschriftensammlungen ebenso wie die dortigen Reichsarchivalien gleich bei der Aufnahme des böhm. Kron- archivs im Jahre 1750 als nicht zu diesem gehörig erkennt und sie 1750 und 1771 mit Erfolg gegen die Ansprüche der böhm. Stände verteidigt.1 Ebenso verrät sein gutes Werturteil in archivalibus und seine doch glück­liche Hand bei der Erwerbung wichtiger Bestände, daß er die 42 ältesten Reichsregisterbände des Zeitraumes 1400 bis 1519, die so gut wie vergessen und verschollen waren, auf Grund alter Aufzeichnungen in Innsbruck ver­mutet und auffindet, sie sofort als einen Schatz „von ganz besonderer Wichtigkeit“ erkennt und für das StA. gewinnt, wo sie noch unter ihm auch bearbeitet werden (Regesten von Strahl, AB. 325).2 1 Siehe Abschnitt Handschriften (3. Band). 1 Siehe Abschnitte Reichsregisterbücher (1. Band) und Handschriften (3. Band).

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