Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter

Pfandler—Redlich. 103 Er wurde in der Leitung des StA. von Swietezky vertreten. Erst ab 1821 konnte sich R., wie die seither häufiger werdenden Konzepte von seiner Hand zeigen, mehr den Archivgeschäften widmen, deren Hauptlast sonst Knechtl trug. Für das sehr schlecht besoldete Personal des Archivs setzte er sich verschiedentlich, wenn auch erfolglos, ein (1816, 1821, 1827). Seinen Amtsvorgänger, den kaiserlichen Historiographen Hormayr, wußte R. — wohl nicht ohne höheren Auftrag, aber auch aus persönlicher Gegner­schaft heraus — mit allen Mitteln vom Archiv und seinen Beständen fernzuhalten. Hingegen unterstützte er andere Forscher, wie z. B. Kurz und Pertz, soweit dies seine übergroße Ängstlichkeit zuließ.1 Die Ernennung zum außerordentlichen Korrespondenten und Ehrenmitglied der Mon. Germ. Hist. (1820) schrieb R. selbst mit Recht allein seiner Stellung zu. Raufier Karl, Sohn des niederösterr. Regierungskanzlisten Rauffer, wurde wegen seiner schönen Handschrift und zeichnerischen Fertigkeit von Rosenthal schon in den ersten Jahren nach Errichtung des Archivs zur Re- pertorisierung und zum Abschreiben der eingezogenen Urkunden verwendet und bei der endgültigen Organisierung des Archivs (November 1751) zum zweiten Kanzlisten ernannt. R. hat das Vertrauen Rosenthals, der sein „hohes Vorwissen“ hervorhob und sich seine Abrichtung im Archivfache besonders angelegen sein ließ, nicht gerechtfertigt. Als ihm der Offizial Hops seinen verschwenderischen Lebenswandel verwies und mit der Anzeige wegen seiner nicht unerheblichen Schuldenmacherei (1500 fl.) drohte, hat er das Archiv am 30. Okt. 1754 unangemeldet verlassen. Redlich Oswald, geb. zu Innsbruck am 17. Sept. 1858, 1879 bis 1881 Mitglied des Österr. Instituts für Geschichtsforschung, 1882 Archivoffizial am Statthaltereiarchiv in Innsbruck, 1887 Privatdozent an der Universität Innsbruck, 1892 Supplent am Österr. Institut für Geschichtsforschung, 1893 a. o., 1897 bis 1929 o. Professor an der Universität Wien, 1926 bis 1929 Vorstand des Österr. Instituts für Geschichtsforschung, seit 1918 Prä­sident der Wiener Akademie der Wissenschaften. R. hat nur einige Monate, nämlich in der Zeit vom Abgang L. M. Hartmanns nach Berlin (Dezember 1918) bis zur Ernennung von O. Mitis (Juni 1919) die Leitung des Staatsarchivs innegehabt, und zwar in Per­sonalunion mit dem von ihm bis 1924 versehenen Amte des Archiv- bevollmächtigten der Republik Österreich, das nach dem Zusammenbruch der habsburgischen Monarchie geschaffen worden war, um die Archiv­liquidierungsverhandlungen mit den Nachfolgestaaten zu führen. Ihm und seinem Mitarbeiter Ludwig Bittner ist es fast allein zu verdanken, daß die Zerreißung der großen österr. Zentralarchive, aber auch wertvoller Bestände der Länderarchive entweder ganz oder doch wenigstens in ihren härtesten Auswirkungen verhindert werden konnte. Nur ein Mann mit dem archivarischen Wissen und mit der wissenschaftlichen Autorität Redlichs konnte diesen Erfolg erringen; da die damalige Regierung in dieser Hinsicht fast völlig versagte und geneigt war, allen Wünschen der Nationalstaaten nachzukommen, ist dieser Erfolg um so höher einzuschätzen. 1 Mayr, Gesell, d. StK. unter Metternich, S. 78.

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