Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter

Ottenfeld—Pfandler. 101 sondere an der Einbringung der großen Aktenmassen in das neue Ge­bäude war P. hauptbeteiligt. Im neuen Hause übernahm er zusammen mit Bittner Teile der handelspolitischen und administrativen Registratur des Min. d. Äuß. (1902). Aber auch anderen Abteilungen, wie dem Familien­archiv (vgl. AB. 300 und Nachträge im AB. 293, 294 und 473) und den Staatsverträgen (AB. 375 und 502, Nachträge), hat sich P. früher wie später wenigstens vorübergehend gewidmet, so daß er — was bei dem damaligen Referatssystem selten der Fall war — das ganze Archiv gut kannte. So war er auch für den Fremdendienst sehr vielseitig verwend­bar. Die Hauptarbeit freilich leistete P. für die Reichsarchive. Er hat die Ausscheidung des Mainzer Landesarchivs aus dem Erzkanzlerarchive vollendet (1884), von ihm stammen die ausführlichen Aufstellungsver­zeichnisse der Reichsakten in specie (AB. 26/4) und der großen Abteilung Kleinere Reichsstände (AB. 28) sowie große Nachträge in den Aufstel­lungsverzeichnissen der Bavarica und der Österr. Akten Salzburg (AB. 27/5, 35/11), Übersichten der Bestände: Staatskanzlei-Instruktionen, Archivali- sche Arbeiten, älteres Gesandtschaftsarchiv Bern (AB. 32/1, 38/2, 38/15). Wissenschaftlich ist P. mit den beiden historisch-topographischen Skizzen „Kreuzenstein“ (1899) und „Leobersdorf“ (1900) hervorgetreten. Aus seiner Feder stammen auch die Inventare über das Fürsten- bergsche Archiv in Pürglitz und über das Schloßarchiv zu Groß-Ullersdorf (in: Archivalien zur neueren Geschichte Österreichs, I. Bd.). P. war auch Archivar des Hauses Wilczek. 1908 und 1911 war er Mitglied der Kom­mission für Prüfungen am österr. Institut für Geschichtsforschung. Man kann P.s hohe Eigenschaften und Verdienste kaum besser be­schreiben als mit den Abschiedsworten, welche di© Beamtenschaft des StA. ihrem scheidenden Vizechef (1. April 1913) gewidmet hat: Ein Mann der Wissenschaft, das Muster eines pflichtgetreuen, arbeits­freudigen Beamten, ein ehrlicher, warmfühlender Kollege, ein guter Mensch scheidet aus unserer Mitte! Seine Bescheidenheit verläßt ihn auch in diesem Augenblicke nicht, da er ohne äußere Feier, klanglos und still seinen Platz aufgeben will. Wir ehren seinen Willen. Doch dies lassen wir, seine Amtsbrüder, uns nicht nehmen, daß wir ihm schriftlich ein Lebewohl zurufen, ihm auf diese Art danken für alle Liebe und Kol­legialität, die er uns allen bewiesen, und ihm danken, daß er zur Ehre unseres Institutes ein langes Leben aufopferungsvoll gedient hat. Möge er diesen schriftlichen Abschiedsgruß wohlwollend entgegennehmen, den wir ihm von dem Gedanken geleitet senden: Scripta manent.1 Pfandler Franz, geb. am 19. Juli 1879 in Wien, längerdienender Unter­offizier und Leibgardeinfanterist (Gardetambour), am 1. April 1912 zum provisorischen Hofkanzlisten ernannt und zunächst am Hofoperntheater tätig, 1914 in das Obersthofmeisteramt berufen und zum definitiven Kanzlisten ernannt, rückte am 29. Nov. 1915 zum Hofoffizial, am 8. Juni 1917 zum Hofadjunkten, am 1. August 1919 zum Hilfsämterdirektor vor. 1 Vgl. den schönen Nachruf aus der Feder A. v. Károlyis in M. Ö. I. G., 37. Bd., S. 183-185.

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