Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Biographien der Archivbeamten seit 1749 von Franz Hüter

88 Biographien. auch die Abteilungen „Staatskanzlei“, „Staatenreferate“ (I. Bd.), Ungarn und Italien sowie verschiedene kleinere Abteilungen (III. Bd.) und die da­zugehörigen Archivbehelfe (I. Bd.) für das vorliegende Gesamtinventar bearbeitet. Meiller Andreas von, einer von Kaiser Leopold 1690 geadelten und um 1700 aus Amberg (Bayern) nach Wien ausgewanderten Familie ent­stammend, ist am 22. Nov. 1812 als Sohn des Direktors des Großfrächter­hauses Steiner & Co. in Wien geboren. Über elterlichen Wunsch wandte er sich nach Vollendung des Schottengymnasiums dem Rechtsstudium zu, praktizierte bei der Stiftsherrschaft Schotten und bei der Hofkammer- prokuratur (1835) und wurde am 14. Juli 1837 zum Doktor juris pro­moviert. Bald darauf bestand er die Hofkammerprüfung. Die gesicherte Laufbahn, die sich ihm in diesem Amtszweige zu eröffnen schien, hinderte ihn jedoch nicht, sich im Herbst 1841 um die durch den Übertritt Arneths in die StK. freigewordene Praktikantenstelle am StA. zu bewerben, und zwar — nach umfänglicher Prüfung vor fünf anderen Konkurrenten — mit Erfolg. M. folgte dabei seiner Vorliebe für geschichtliche Studien, die ihn neben Malerei und Musik (Fertigkeiten, denen er zeitlebens treu blieb) seit jeher sehr beschäftigt hatten und in denen er, als Mitglied des schön­geistigen Kreises um den Freiherrn v. Hügel, noch bestärkt worden war. M.s Archivlaufbahn war nicht in dem Maß erfolgreich, wie es seine aller­dings durch vieljährige Kränklichkeit häufig unterbrochene Arbeits­leistung verdient hätte. Zwar wurde er mit Januar 1846 zum dritten und 1848 zum zweiten Offizialen bestellt, konnte aber erst nach fast zehn Jahren in die Stelle eines Archivars einrücken, die er tatsächlich doch schon längst ausgefüllt hatte. Noch viel schmerzlicher war es für M., daß ihm (1860) nach Chmels Tod der etwas jüngere Arneth als Vizedirektor vorgesetzt und daß dann unter Arneths Direktion die Vizedirektorstelle überhaupt aufgelassen wurde. So mußte sich M., der im April 1857 zum zweiten und im November 1860 zum ersten Archivar und k. k. Rat vor­gerückt war, mit letzterer Stelle und dem Titel und Charakter eines Re­gierungsrates (1868) begnügen. Wohl die Enttäuschung über die Auf­lassung der Vizedirektorstelle hat ihn bewogen, an den Abschied zu denken und sich — allerdings vergeblich — um die Kanzlistenstelle in der Kanzlei des kaiserl. Leopoldordens zu bewerben (1869). Mit M.s Namen ist die Bearbeitung einer Reihe von Zuwächsen, die das StA. in den 31 Jahren seiner Dienstzeit erhielt, verknüpft. Im Frühjahr 1844 übernahm er mehrere hundert Urkunden und über 200 Faszikel Akten der niederösterr. Klöster aus dem ehemaligen Klosterratsarchiv. Im Juli 1846 reiste M. nach Graz, um dort zwei Monate lang die alte Gubernialregistratur (alte Registratur der innerösterr. Hofkanzlei) einer neuerlichen Durchsicht nach für das StA. wie für das Adelsarchiv der ver­einigten österr. Hofkanzlei auszuscheidenden Urkunden und Akten zu unterziehen. Im selben Jahre ging eine zweite größere Klosterarchivalien- Auslieferung aus der Registratur der niederösterr. Kameralgefällsver- waltung, im Jahre 1851 eine Auslieferung aus dem Hofkammerarchiv (Rep. XXIV = AB. 406) durch M.s Hand. An all diesen Zuwächsen hat

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