Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

24* Einleitung. ■Weiterung nach beiden Richtungen: Zentralisierung der staatlichen Urkun­den durch Übernahme weiterer Bestände von Klosterurkunden, der Urkun­den der Republik Ragusa und des Domkapitels von Spalato und eines Teiles des Innsbrucker Schatzgewölbes u. a. und Einverleibung von Aktenarchiven (Registratur der bambergischen Herrschaft in Wolfsberg in Kärnten, größe­rer Bestände der Registratur der Staatskanzlei u. a.). Auch der Nachfolger Knechtls, der Freiherr von Reinhart,1 vertrat die Idee des Zentralinstituts. Von besonderer Wichtigkeit war es, daß auch die Vereinigte Hofkanzlei, die oberste Zentralstelle für die inneren Angelegenheiten des Kaiserstaates, in einem vom Kaiser genehmigten Vortrag vom 27. August 1840 das StA. als Zentralinstitut mit dem Zweck, „alle politisch und historisch merkwürdigen und wichtigen Documente für die Staatsverwaltung und die Wissenschaft zu vereinigen“, anerkannte und die Landeshehörden anwies, in ihrem Amts­bereich die Urkunden und Aktenstücke zu sammeln, „welche ihrer Bestim­mung nach in das geheime Hausarchiv gehören“. Neuerliche Einziehungen von Klosterarchiven, die Gewinnung der Registraturen des Spanischen Rates und der anderen Wiener Zentralstellen für den italienischen Länder­besitz des Kaiserstaates, die Übernahme von Teilen der Registraturen der innerösterreichischen Zentralbehörden, welch letztere allerdings wieder einen Rückfall in das Rosenthalsche Auswahlsystem brachte, kennzeichnen die Fortführung der Hormayrschen Überlieferung unter Reinhart und seinem Nachfolger Chmel.1 2 Dieser letztere hat wohl auch vielfach bei dem großen von Erb mit bemerkenswertem administrativen Geschick durch­geführten, 1851 der Hauptsache nach abgeschlossenen Einziehungswerk an­regend gewirkt, das dem StA. u. a. den Rest des Grazer Schatzgewölbe­archivs und der Klosterarchive, den Rest des Reichsarchivs samt dem Main­zer Erzkanzlerarchiv, Teile des Archivs der ungarischen revolutionären Regierung von 1848 und 1849 und große Bestände des Archivs der Staats­kanzlei zuführte. Dieses Einziehungswerk von 1851 stellt den Höhepunkt in der Ent­wicklung des StA. zum Zentralinstitut dar. Der Abstieg hatte sich schon Jahre vorher vorbereitet. So anerkennenswert die vorhin aufgezählten Leistungen waren, so hatte es doch immer an einem klar und bis ins Ein­zelnste durchdachten Plan zur Ausgestaltung des StA. zu einem Zentral­archiv gefehlt, über unklare, allgemeine Vorstellungen war man nicht hinausgekommen, wie man den archivalischen Fachfragen ja überhaupt nur eine geringe Pflege zuteil werden ließ. Dies zeigt in erschreckender Weise die Durchführung des Archivalientausches mit Belgien in den Fünfziger­jahren des 19. Jahrhunderts, bei der es schwer ist, die Beobachtung irgend­welcher Richtlinien festzustellen.3 Frühzeitig zeigen sich schon Anzeichen dafür, daß man im StA. die Durchführbarkeit der Ausgestaltung zu einem Zentralinstitut bezweifelte. Schon in einem Bericht vom 21. Juni 1844 an 1 Vgl. unten S. 108. 2 Siehe unten S. 25. 3 Siehe unten S. 202 ff. AB. 192—196, S. 212 ff. AB. 263—265, S. 242 ff. AB. 402—404 und die Ausführungen Schmids im 3. Band.

Next

/
Thumbnails
Contents