Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

Erster Abschnitt. § 1. 19* gutgemacht. Die in den Niederlanden, in Mailand und Ungarn liegenden Archive wurden überhaupt nicht berücksichtigt. Dagegen umfaßte die Ein­ziehung neben Urkunden auch Akten1 und Bücher, diese alle jedoch nach dem Betreffgrundsatz. Außerdem hat Rosenthal in der ersten Zeit nach der Gründung wichtige kleinere Bestände aus der Hofbibliothek und aus Privatbesitz erworben.1 2 Die Auswahl aus den Registraturen der Zentral- und Mittelbehörden blieb zunächst in den Anfängen stecken. Schon Rosenthal und der mit der Oberleitung über das StA. betraute Vizekanzler Johann Christoph von Bartenstein hatten die Gewinnung der „Originalia derer errichteter Friedens­schlüssen, Bündnissen, Verträgen mit benachbarten und anderen Höffen, Testamenten, Heuraths-Contracten, Verzichten, Abteilungen und so fort“ aus den Registraturen der Reichskanzlei, des Hofkriegsrates, der böhmi­schen und österreichischen Hofkanzlei, des Directoriums in publicis et cameralibus und der Staatskanzlei angeregt.3 Das Directorium in publicis et cameralibus, dem damals das StA. unterstellt war, behielt jedoch in dem Dekret vom 24. Dezember 1753 die Entscheidung des Kaisers Franz I. und der Kaiserin Maria Theresia vor. Ein wohl ebenfalls Ende 1753 gestellter Antrag der beiden Archivare Rosenthal und Freysleben an die Staatskanzlei, dem StA. die oben genannten Staatsurkunden zu übergeben, blieb zunächst unerledigt. Die Reichshofkanzlei lieferte zwar 1755 größere Teile der Öster­reichischen Akten des Reichsarchives aus,4 erklärte jedoch, die gewünsch­ten Urkunden nicht finden zu können. Nur aus den Registraturen der öster­reichischen Hofkanzlei und des Directoriums erhielt das StA. doch schließ­lich einige Urkunden. So war die Idee eines Gesamtarchivs nur unvollkommen verwirklicht worden. Man hatte im wesentlichen nur mittelalterliche, der damaligen Gegenwart schon weit entrückte Bestände gewonnen. Der praktische Zweck der Gründung, die Schaffung einer Rüstkammer zur Verteidigung der Rechtsansprüche des Erzhauses, war nur unvollkommen erfüllt. Die nächste Folgezeit brachte nur wenig Änderungen. Nach dem Tode Kaiser Franz I. (1765) kam das lothringische Archiv, also wieder ein geschlossener Archivkörper, soweit er nach den wechselvollen Schicksalen seit 1737 noch beisammen war,5 in das StA. Einige Nachträge dazu folgten in den nächsten Jahren. In den Jahren 1771 und 1772 übersandte die Staats­kanzlei eine Anzahl von Urkunden. Von einer wirklichen Durchführung der Auswahl aller bei den einzelnen Behörden erliegenden Staatsurkunden war jedoch keine Rede. Im übrigen geriet das Archiv wieder in Erstarrung. Der für die Leitung eines Archivs gänzlich ungeeignete Nachfolger Rosen­thals, der Würzburger Professor Michael Ignaz Schmidt, versäumte es, den 1 Kletler unten S. 120. 2 Kletler unten S. 121. 3 Ohnmaßgebigste Reflexiones Rosenthals bei Winter 24, Bericht Bartensteins vom 18. Nov. 1753 bei Winter 50 ff. 4 L. Groß, Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei a. a. 0. 297 und unten S. 193 AB. 126. 5 Vgl. unten S. 221 und die Ausführungen Seidls im 2. Band. b*

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