Inventare Teil 5. Band 4. Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs (1936)

Einleitung

Erster Abschnitt. § 1. 15* (s. unten S. 227 AB. 338, 339), daß das Schatzgewölbe auch im 17. Jahr­hundert nicht ganz in Vergessenheit geraten war. Eine Meldung von der Flüchtung eines Archivs beim Türkeneinfall von 1683 scheint mir auf dieses Archiv hinzuweisen.1 1706 wurden dem Schatzgewölbearchiv 10 Urkunden aus Graz übermittelt.1 2 Vor 1714 und abermals 1722 und 1723 wurden Ab­schriften des Repertoriums von Putsch hergestellt.3 Ebenfalls aus der Zeit vor 1714 stammt eine Zusammenstellung des niederösterreichischen Regi­mentsrates „und zu Verwahrung ermelten Archivs verordneten Rathes und Commissari“ Johann Christoph Freiherrn von Oedt über das Schatzgewölbe­archiv.4 J. Dumont druckt in seinem 1726 erschienenen Werk „Corps universel diplomatique du Droit des Gens“ mehrfach Urkunden aus den „Archives Impériales du petit Trésor de la Regence et de la Chambre ä Vienne“ ab.5 Noch 1747 wird das Archivum Thesaurarium von Johann Christoph von Oedt (damals Graf und Hofvizekanzler bei der österreichi­schen Hofkanzlei) als archivarius aulicus verwaltet.6 So ganz unbenutzt lag das Schatzgewölbearchiv also nicht. Doch fand es keine Weiterführung und konnte seine ihm von Putsch zugewiesene Aufgabe, als Gesamtarchiv des Erzhauses zu dienen, nicht mehr erfüllen. Bei den Hofstäben bildete sich eine eigene, die Zeitspanne von 1522 bis 1656 umfassende Sammlung von Urkunden über Angelegenheiten des Erz­hauses, die sich 17487 nicht im Schatzgewölbe, sondern in der Schatz­kammer, der Aufbewahrungsstätte der Kleinodien, unter Sperre des Oberst­hofmeisters und des Oberstkämmerers befand.8 Am Anfang des 18. Jahrhunderts setzen jedoch schon Vorschläge zur Gründung eines Gesamtarchivs (Haupt- und Hausarchivs) des Erzhauses 1 L. Groß, Zur Geschichte des Jahres 1683 in: Monatsblatt des Vereines für Geschichte der Stadt Wien IX (1927), S. 202. Aus dem Wortlaut des dort abgedruck­ten Berichtes scheint mir hervorzugehen, daß es sich bei dem darin genannten „österr. Archiv“ um das Schatzgewölbearchiv und nicht um die Registratur der österr. Hofkanzlei handelt. 2 österr. Akten - Staat Fasz. 9. 3 Siehe unten S. 227 unter AB. 335 und 336. 4 H. 88. Vgl. die Ausführungen von Antonius im 3. Band (Handschriften). 5 I. Bd., n. 136, 147, 468 u. a. Es handelt sich hier unzweifelhaft um das Schatz­gewölbe, das ja damals auch tatsächlich, wie wir später sehen werden, der nieder- österr. Regierung unterstand. Vgl. über Dumont St. Verosta, Jean Dumont und seine Bedeutung für das Völkerrecht in: Zeitschr. für öffentliches Recht XIV, S. 371—397. 6 E. Mühlbacher, Die literarischen Leistungen des Stiftes St. Florian, hrsg. von 0. Redlich, Innsbruck 1905, S. 72 Anm. 2. 7 Winter 16 und unten S. 227 AB. 339. 8 Rosenthal verwechselt in seinen „Ohnmassgebigsten Reflexiones“ von 1749 (Winter 20, 22) diesen Bestand mehrfach mit dem Schatzgewölbe. Ebenso der Oberst­hofmeister Fürst Johann Josef Khevenhüller-Metsch in seinen Tagebucheintragungen vom 11. Mai 1753 und vom 16. Juli 1754 (Rudolf Graf Khevenhüller-Metsch und Hanns Schiitter, Aus der Zeit Maria Theresias. Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller 1752—1755, Wien 1910, S. 106, 183). Daß es sich in beiden Fällen um die in der Schatzkammer aufbewahrten Urkunden handelt, geht aus def Zeitgrenze (vgl. auch unten S. 227 AB. 339) und aus der Tatsache hervor, daß diese Urkunden der Verwahrung des Obersthofmeisters und Oberstkämmerers anvertraut waren. Vgl. auch das Handschreiben Maria Theresias aus der Zeit nach dem 16. Juli 1754 bei Winter 53.

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