J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)
I. Die Postlogen - 21. Briefschwärzungen
maschine, über die die Staatskanzlei verfügte, hing mit diesen Dingen zusammen. Sicher ist, daß man österreichisdierseits schon 1806 daran gedacht hat, einen Stab ausländischer Postbeamter zu gewinnen, die — vermöge dieser chemisdien Schreibmethoden vor jeglicher Entdeckung bewahrt — mit Wien korrespondieren und sich dadurch einen einträglichen Nebenverdienst sichern konnten4). Logistenanwärter mußten — so verlangte es Kaiser Franz5) — die Chemievorlesungen an der Universität, dem Polytechnikum oder dem Theresianum besuchen, chemische Tinten zubereiten und auflösen können und sich auf die Zusammensetzung der Logenpasten verstehen. Außer auf chemische Schreibmethoden, in denen neben gewissen Reagenzpulvern auch Zitronensaft als Schreibstoff, Erwärmung oder Bestreichung als Schrifthervorrufungsmittel und die Zwischenräume der Zeitungen als Nachrichtenträger eine Rolle gespielt haben — schon 1797 hat sich ihrer der oben (S. 5) erwähnte Exlogist und 1814 der französische Konsul von Livorno bedient6) —, verstand man sich auch auf das Unterpunktieren gedruckter, die Vergrößerung geschriebener Buchstaben, die Verdickung der Haarstriche u. dgl. m. Durch ein verabredetes Generalaviso — etwa einen Superlativ in der Briefanrede (Geliebtester Freund) oder dgl. — wurde die Aufmerksamkeit des Empfängers wachgerufen. Der setzte sich dann, indem er auf unterpunktierte oder sonstwie gekennzeichnete Buchstaben achtete, den Wortlaut der geheimen Mitteilung unschwer zusammen7). Auch ausländische, insbesondere russische Diplomaten haben chemische Tinten nicht selten angewendet. Namentlich der Wiener Kongreß gab Anlaß hiezu. Besonders häufig hat sich ihrer, wie es scheint, der russische Gesandte in Paris Pozzo di Borgo bedient. Der größten Beliebtheit erfreuten sie sich jedoch unter den italienischen Revolutionären. Ein Italiener auch — Chevalier Landriani — und ein italienischer Postlogist — Josef Berger — haben sich auf deren Anwendung und Entdeckung am besten verstanden (S. 13). In den Vierzigerjahren hat sich auch der Bourboné Heinrich V., Graf von Chambord, chemischer Tinten bedient8). Ein Jahrzehnt vorher hat sich der pensionierte Hauptmann Karl von Andrian viel mit der Erfindung neuer Geheimschriften beschäftigt, die auch honoriert, von der Geheimen Ziffernkanzlei jedoch zurückgewiesen worden sind. 21. Briefschwärzungen. Das einfachste und populärste Mittel zur Umgehung der Postlogen war die Briefschwärzung4). Ihr dienten ebenso die Barken, die in den Seehäfen den einlaufenden Schiffen entgegenzufahren pflegten2), wie die Wagen der Paketpost, die außerhalb des Bereiches der Postlogen standen. Eine ähnliche Rolle spielten die privaten Diligencen der Lombardei, die sich von Mailand nach allen Richtungen hin — nach der Schweiz, nach Sardinien, Frankreich und Parma — verzweigten. Daneben gab es innerhalb und außerhalb öster4) Memoire (Anm. 4 S. 4). 5) Zahl 3489/1828 Staatsarch. d. Inn. u. d. Justiz (Polizeiarchiv). e) A. Fournier, Geheimpolizei 219. 7) Interzept (1823) Interiora ad 27. 8) Interzept 44 IV 20 Neapel 70. 1) F. J 1 w o f, Postwesen 63 f. 2) Note von Hofkammer 22 V 26 Notenwechsel 55. 42