J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)

I. Die Postlogen - 9. Die Interzepte

— unter erheblichen Schwierigkeiten — Postkommissäre an12), wodurch die Brieferöffnung allgemein wurde. Auf die heimliche Annahme österreichi­scher Gratifikationen war die Strafe sofortiger Entlassung gesetzt. Die ersten bayrischen Postlogen waren München, Augsburg und Nürnberg. 1814 machte sich das Nürnberger Postamt durch die Eröffnung, zuweilen auch durch Zurückbehaltung österreichischer Amtspakete bemerkbar. Zur selben Zeit wurde ein österreichisches Stafettenpaket auf dem Aschaffenburger Post­amte erbrochen. 1816 lenkten die Postlogen von Augsburg und München die Aufmerksamkeit der österreichischen Regierung auf sich. Das sind nur einige ausgewählte Beispiele für den Wettkampf der Logen und Logisten, dem Europa unterworfen war. Und überall schlugen im engsten Vereine mit ihnen die Polizeibehörden alle erdenklichen geheimen Wege ein, um sich der fremden Ziffernschlüssel und damit der Möglichkeit, chiffrierte Interzepte auflösen zu können, zu versichern13). Der gefangene Napoleon hat sich rückschauend der Entwicklung gerühmt, die die Kunst des Interzi- pierens unter ihm in einem schier unglaublich weiten Maße genommen habe14). Den fremden Postlogen zu entgehen, wurden österreichischerseits mannig­fache Mittel angewendet. Nicht selten ließ man die Korrespondenz an öster­reichische Behörden oder Personen im Auslande durch Wiener Bankiers oder durch ausländische Wechselhäuser — unter Deckadressen also — befördern, oder wich, wenn es erforderlich und möglich war, dem fremden Territorium in weitem Bogen aus; so wurde z. B. bei wichtigen, von Wien nach Innsbruck gerichteten Korrespondenzen die kurze bayrische Strecke zwischen Reichenhall und Unken auf dem Wege über Klagenfurt umgangen15). Der Statthalter in Mailand bediente sich für seine Korrespondenz mit dem Turiner Gesandten zuweilen sicherer Privatgelegenheiten anstatt der die sardinische Postloge von Novara durchlaufenden Briefpost16). 9. Die Interzepte. Der zentralen Lage des Kaiserstaates entsprachen Zahl und Bereich der in den Postlogen gewonnenen Interzepte von Auslandbriefen. Die Transitwege, auf denen die fremdländische Korrespondenz die Monarchie und ihre mit Postlogen versehenen Interessensphären passierte, führten den österreichischen Postlogen überaus zahlreiche Auslandbriefe aus aller Herren Länder zu. Naturgemäß beeinträchtigten die gegenseitige geographische Position und die Rivalität der einzelnen Staaten Menge und Qualität derselben in verschie­denem Maße. Dennoch waren die Österreich erreichenden oder durchqueren­den Ströme von Auslandbriefen außerordentlich mächtig und reich der Ertrag der Netze, die die österreichischen Logisten mit kundiger Hand auswarfen. Ihn genauer abzuschätzen gestatten die spärlich erhaltenen Quellen nicht. Am Ende der Metternichzeit belief sich die Ausbeute an Interzepten auf etwa 12) J. Brunner 1. c. 120 f. 13) Lösdiner an Hudelist 16 VII 13 Interiora ad 27; E. K ö n i g 1. c. 12 (Beispiel für Kursachsen). lä) A. Fournier, Karl August 44. 15) Note von Hofkammer 14 X 4 Notenwechsel 40; Weisung nach Bern 15 IX 30 Schweiz ii. 16) Strassoldo an Mett. 27 V 8 Provinzen Lomb.-Venezien 8. 20

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