J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)

I. Die Postlogen - 8. Fremde Postlogen

logen über die französischen geäußert2). Kaum minder deutlich soll Metter­nich noch als Botschafter der Pariser Postloge seine Mitwisserschaft zu ver­stehen gegeben haben3). Für Rußland gewähren die Tagebuchaufzeichnungen Chrapowitzkis, des Sekretärs der Zarin Katharina II.4), ihres vertrauten Hel­fers im Logendienste, wertvolle Aufschlüsse. Später bezeidmete der russische Großfürst Konstantin eine prächtig gebundene Reihe von 33 Interzeptbänden als das kostbarste Stück seiner Sammlungen5 6). Die Existenz der St. Peters­burger Postloge war dem österreichischen Gesandten wohl bekannt. 1813 langte eines der zahlreichen von Gentz an den Fürsten der Walachei gerich­teten Schreiben mit einem russischen Siegel verschlossen in Bukarest an. Selbst in England, das zur Metternichzeit lediglich Lokalpolizeien, aber keine Staats­polizei kannte, hat man sich in den Vierzigerjahren der Postlogen bedient, wodurch alsbald viel'bemerkte Parlamentsverhandlungen hervorgerufen wur­den. Spuren von Postlogen lassen sich über Jonathan Swift, den bekannten englischen Satyriker, der sich über Briefentsiegelungen beklagte, bis zu Wal- singham, den Staatssekretär der Königin Elisabeth, zurückverfolgen *). Den sardinischen Postlogen hat der österreichische Gesandte in Bern besondere Geschicklichkeit zuerkannt; viel weiter als die Schweizer von den Höhen der Alpen schien ihm der Turiner Hof vom Fuße derselben Ausschau zu halten7). Mit Hilfe der Postlogen von Turin, Genua und Novara wahrte Sardinien seinen Anteil an der geheimen Briefkontrolle, nicht unbemerkt allerdings weder von Seiten Frankreichs noch von Seiten Toskanas. Auch für Bern glaubte das Innsbrucker Postamt aus schlecht „operierten“ Briefsiegeln auf das Vorhandensein einer Postloge schließen zu können8). Uber die Logenverhältnisse in Kursachsen unter August dem Starken und seinem Staatsminister Grafen Brühl (S. 6) hat, wie E. König angibt9), der kursächsische Hofrat Siepmann aufschlußreiche Erinnerungen hinterlassen. In Preußen erfreute sich der Geheime Dienst der besonderen Fürsorge des Generalpostmeisters Nagler (f 1846), dessen Briefwechsel mit seinem lang­jährigen vertrauten Mitarbeiter Kelchner10) Chrapowitzkis Tagebüchern ver­glichen werden kann. Mit dem Ende des alten Reiches hat der Logendienst als ein neuer, früher nicht gekannter Zweig des landesfürstlichen Oberauf­sichtsrechtes in zahlreichen deutschen Bundesstaaten Eingang gefunden. Zumal in Bayern (S. 11 f.). Das Aufheben, das man dortselbst mit der Entdeckung der Thurn und Taxisschen Reichslogen machte, war nach der Meinung des Grafen Stadion lediglich eine Maske, hinter der man die Einführung der Postlogenanstalt geschickt zu verbergen verstand11). In der Tat stellte der König von Bayern nach dem Preßburger Frieden bei allen Oberpostämtern 2) Memoire Sardagnas 20 VIII 22 Sardinien, adm. Reg. 3. s) A. Belloc 1. c. 413. 4) Zuletzt von Barsukow 1874 in St. Petersburg herausgegeben. 5) E. König 1. c. 45 ff.; Kelchner, Nagler (Alig. dt. Biogr. 23). 6) E. König 1. c. 13; Heim 1. c. 969 ff. 7) Bericht aus Bern 18 I 15 Schweiz, Nachträge; Fr. S a 1 a t a, Carlo Alberto inedito 168. 8) Bericht aus Innsbruck 37 IV 27 Informationsbüro, Korr, mit Nordberg usw. 1837. 9) L. c. 12; A. Boroviczény, Graf Brühl 158 ff. w) E. Kelchner u. K. Mendelssohn-Barthold i, Briefe d. Staatsministers Nagler an einen Staatsbeamten; Varnhagen, Blätter 4, 224 f. 11) Anm. 4 S. 10; O. V e h, Geh. Postüberwachung (Arch. f. Postgesch. in Bayern 1935). 2’ 19

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