J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 3. Metternichs geheimer Briefdienst. Postlogen und Postkurse (1935)

I. Die Postlogen - 6. Die österreichischen Postlogen und Postlogisten

zuhalten. Noch 1814 bekannte sich Vrints-Berberich zur „heiligen Unver­letzlichkeit des Briefgeheimnisses“ und beklagte mit „herzzerreißendem Gefühl“ den „Mißbrauch der liberalsten Weltanstalt“, der nun anderen zur Last fiel, und die äußerste Behutsamkeit, die die deutschen Korrespondenten in der Verwendung dünnen Papiers, in der Vermeidung der Lacksiegel u. ä. m. an den Tag legten10). Nicht ohne harte Mühe ist es der österreichischen Regierung gelungen, den Thurn und Taxisschen Generalpostdirektor wieder „treuherziger“ zu machen und seinen Argwohn zu besänftigen. Aber noch 1816 mußte der geheime Nachrichtendienst des Frankfurter Postrates Heller hinter dem Rücken des „undankbaren“ Vrints-Berberich bewerkstelligt werden 1X). 6. Die österreichischen Postlogen und Postlogisten. Die der Durchforschung der Auslandbriefe dienenden österreichischen Postlogen umgaben, nahe den Reichsgrenzen oder ins Innere der Randprovin­zen zurückgenommen, die Monarchie in ihrer ganzen Ausdehnung. Besonders bevorzugt waren naturgemäß die Knotenpunkte der mit dem Auslande kor­respondierenden Postkurse. Die Sitze dieser Postlogen waren Temesvár, Sémiin, Kostajnica und Spalato für den Briefverkehr mit der Türkei, Triest, Venedig und Zara (Logist Giuliani) für die Seeposten, Udine, Venedig, Padua, Vicenza, Verona, Badia del Polesine (1848), Mantua und Mailand an der italienischen Front, Bregenz, Innsbruck, Salzburg und Linz nach Westen und Nordwesten, Prag, Marienbad, Karlsbad, Teplitz und Peterswalde nach Norden, Brünn, Teschen, Podgorze (bei Krakau), Lemberg und Brody (1848) nach Nordosten hin. Im Zentrum beherrschte Wien das Feld. Von vorwie­gend lokaler Bedeutung waren die Postlogen von Graz (Logist Weingarten), Kaschau, Ofen-Pest (Logist Posch), Debreczin, Esseg, Hermannstadt und Klausenburg. Vorübergehend spielten die Postlogen von Laibach (Logisten Manner und Eduard Puz) und Troppau während der Kongresse, und von Preßburg während der ungarischen Reichstage eine wichtige Rolle. 1811 und wieder 1825/26 versah dort der jüngere Zaremba, von einem geschickten Kanzleidiener unterstützt, täglich durch 12—14 Stunden den Logendienst, der die Regierung über die Absichten der ungarischen Stände unterrichtete 1). Auch 1839 und 1847/48 (Logisten Vrabely und Hentscher) war die Preß- burger Loge in Tätigkeit. Einen noch dichteren, aber unausgeführt gebliebenen Logenring wollte der Rechnungsrat der Posthofbuchhaltung Josef Peter, ein wohlerfahrener Fachmann, 1823 um die Monarchie gelegt wissen2). Die Postlogen von Temesvár, Sémiin, Kostajnica und Spalato hatten vor allem den lokalen Grenzverkehr mit der Türkei zu überwachen. 1821 wurde die Semliner Loge aufgehoben, 1829 aber, als die inneren Verhältnisse Ser­biens an Bedeutung gewannen, namentlich mit Bezug auf die Korrespondenz zwischen den serbischen Deputierten und Milosch Obrenowic, wieder eröffnet und bald darauf nach Temesvár verlegt. Als Temesvarer Logist ist der Post­I0) Memoire Vrints-Berberichs 14 IX 16 Kongreßakten 14. “) Weisung an Puz (Anm. 3 S. 10). 1) Vortrag 11 VIII 10 Hausarchiv, Hungarica; Mett, an Eichenfeld 25 XII 7 Noten­wechsel Kabinett 1; Vortrag 26 III 25 Vorträge 362. 2) Ideen (Anm. 3 S. 4).

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