J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 5. Die Hilfsämter

dazu bestimmen können, die Gebarungsausweise der Staatskanzlei recht­zeitig, ungekünstelt und mit allen erforderlichen Aufklärungen versehen, vorzulegen. Und so kräftig war der Ton, mit dem der Hofkammerpräsident Baron Eichhoff Kolowrats Bemängelungen unterstützte — erst Kübeck, sein Nachfolger, dämpfte ihn etwas ab —, daß sich der Sektionschef des Staats­rates Graf Hartig im Dezember 1841 veranlaßt gesehen hat, sich des be­drängten Staatskanzlers anzunehmen, der sich doch unmöglich selbst mit der Kassen- und Rechnungsführung befassen konnte und dem mit schmerz­lich empfundenen Rügen viel weniger als mit einer vollständigen Auf­zählung aller Rechnungsmängel gedient sein mußte551). In der Tat konnte Hartig schon 1843 eine „Tendenz zum Regelmäßigen“ und Kolowrat „ein wahres Kassajournal, das erste Element einer zuverlässigen Verrechnung“, feststellen 552). Einer besonderen Prüfung waren die Dienstrechnungen der Gesandt­schaften sowie die Kurier- und Dienstreiserechnungen der Staatskanzlei unterworfen, die der Kameralbuchhaltung oblag, während die Hofkammer auf alle noch unverrechneten Vorschüsse achtete 553). Das war um so not­wendiger, als die Staatskanzlei diesem Gegenstände trotz aller Betreibungen der Hofkammer so wenig Aufmerksamkeit schenkte, daß sich die unab- gerechneten Vorschüsse 1828 auf über 200.000 fl. beliefen, die z. T. noch aus der Zeit der Befreiungskriege stammten 554). Daß sich auch Metternich selbst unter den Säumigen befand, war für Kolowrat ein doppelt willkom­mener Anlaß, den Kaiser gegen die Staatskanzlei einzunehmen: blieb sie trotz aller kaiserlichen Aufträge schon bei der jährlichen Amtsdotation die Rechnungsrichtigkeit schuldig, dann war sie ja bei so veralteten Vorschüssen nimmermehr dazu zu bewegen und der Kaiser setzte sein Ansehen aufs Spiel, wenn er sich nicht endlich dazu aufraffte, seinen Befehlen durch kräf­tiges Einschreiten Gehorsam zu verschaffen B55). Ein geharnischtes kaiserliches Billett forderte Metternich im Mai 1829 zur Rechtfertigung und — „unter persönlicher Verantwortung“ — zur Aufarbeitung der Rückstände auf. Auch wurde ihm hiefür noch im selben Jahre ein Rechnungsrat der Staats­buchhaltung — Josef Sochor — zugewiesen 556). Zögernd nur hat sich Metternich dem ihm inzwischen nochmals kundgemachten Aufträge gefügt. Sochor nahm zuerst Metternichs eigene Abrechnungen vor und legte sie von April 1832 an in mehreren Folgen der Kameralbuchhaltung vor, über die damit „eine ungeheuere Masse von Arbeit“ hereinbrach. Die erste Folge dieser Abrechnungen betraf Metternichs Dienstauslagen von 1813/14 — darunter die Kosten des großen Gartenfestes auf dem Wiener Kongresse — und die Auslagen des Aachener Kongresses von 1818, die weiteren Folgen betrafen die Dienstreisen von 1819 (Rom, Neapel und Karlsbad), von 1820—1822 (Troppau, Laibach und Verona) und die weiteren bis ein­651) 41 X 8 Vortrag Kübecks Minister Kolowratsakten 1836/1841. B52) 43 IX 23 Vortrag Kübecks Minister Kolowratsakten 1780/1843. 553) 17 I vor ii Conferenzverhandlung StConferenz (Ca) 122/1817. 554) 28 XII 31 Vortrag Baldaccis Hofkammerarchiv P 12/1829. 655) 29 I 12 Billett an Mett. Vorträge 378 (Minister Kolowratsakten 32/1829). 556) 29 V 9 Billette an Mett. Kabinettsarchiv Separatbillettenprotokoll 607, 608/1829; 29 XII 15 Billett an Mett. 1. c. 1716/1829 (Minister Kolowratsakten 1212/1829). 95

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