J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 5. Die Hilfsämter

nannte sich demnach auch seit November 1817 „vereinigte diplomatische und geheime Hof- und Staatskanzlei-Hauptkasse“ — trat auch im Rech­nungswesen eine Änderung ein. Zum Zwecke einer vermehrten Kontrolle wurden nun die Monatsjournale an die Zentralbuchhaltung, die Gesandt­schafts- und Reiserechnungen an die Kameralbuchhaltung gewiesen. Gleich­zeitig machte sich aber — trotz des Kassenkomitees, das Metternich auf­stellen ließ — eine rasch zunehmende Zerrüttung im Rechnungswesen der Staatskanzlei bemerkbar, die zähe an dem alten System festhielt und die Absolutorien noch bis Ende 1825 selbst erteilt hat 537). Sie band sich — wie Kolowrat bemerkte — an keinerlei Vorschriften, verfuhr regellos und lieferte niemals richtig belegte Rechnungsausweise 538). Das war auch mit den Monatsjournalen der Fall, die der Zentralbuch­haltung zur Überprüfung übergeben wurden; auch hatte diese die Jahres­abschlüsse der Staatskanzleikasse „pro centrali“ zu erstatten 539). Allein die Journale waren so unvollständig gehalten, daß sie die Zentralbuchhaltung nur ziffernmäßig übersehen, eine eigentliche Prüfung aber nicht vornehmen konnte. Nun wurden zwar schon 1823 Verhandlungen über die zweck­mäßigere Einrichtung der Monatsjournale angeordnet, aber noch 1829 konnten diese nicht ordentlich überprüft werden. Wohl blieben nunmehr — vom März 1829 an — die üblichen Verspätungen aus, doch fehlte es noch immer an den erforderlichen Empfangsbeilagen und an den Belegen der Ausgabsquittungen. Noch im selben Jahre wurde Baldacci, dem Präsi­denten des Generalrechnungsdirektoriums, der Vorsitz einer Kommission an vertraut, die sich zur Beseitigung dieser Mißstände mit der Verbesserung der Kasseninstruktion von 1817 zu befassen hatte. Wieder aber wider­setzte sich nun die Staatskanzlei allen Reformvorschlägen und Graf Mercy, ihr Vertreter in dieser Kommission, weigerte sich sogar, das Kommissions­protokoll zu unterfertigen, was Baldacci in seiner langen Dienstzeit noch nie widerfahren war. Da sich aber weder die Kommission, noch der Kaiser daran hielten, ist die neue Instruktion dennoch ausgearbeitet und 1833 in Kraft gesetzt worden 54°). Einer besonderen, der Zentralbuchhaltung entrückten Verrechnung waren die geheimen Auslagen unterworfen. Aus den der Staatskanzlei all­jährlich in beträchtlicher Höhe zur Verfügung stehenden geheimen Geldern wurden die Dotation der Geheimen Ziffernkanzlei, zahlreiche Vorschüsse, Zubußen, Aushilfen, Unterstützungen u. dgl. m. bestritten. Dreiundzwanzig Jahre lang bezog daraus die Witwe des französischen Marschalls Bessiéres — als Ersatz für die auf den Monte Napoleone in Mailand angewiesene Dotation — einen Gnadengehalt jährlicher 20.000 Franken 541). Auch die Aufwendungen, die die Verpflegung der gefangengesetzten Prinzen Ypsilantis — der Freiherrn von Schönwarth, wie sie mit ihren Decknamen hießen, — erforderte, wurden aus den geheimen Geldern bestrittenS42). Ebenso die 637) 28 XII 31 Vortrag Baldaccis Hofkammerarchiv P 12/1829. 53s) 29 IV 25 Resultat der Beratungen Minister Kolowratsakten 814/1829. 539) 17 X 30 Kasseninstruktion Interiora 2, 65. M0) 29 XII 15 Billette an Mett, und Baldacci Kabinettsardiiv, Separatbilletten- protokoll 1715, 1716/1829, Minister Kolowratsakten 1212/1829; 30 VIII 8 Vortrag Bal­daccis Hofkammerarchiv P 732/1830; 31 IX 28 detto Minister Kolowratsakten 2590/1831. M1) 17 XI 22 Vorträge 309. M2) 25 XI 30 Verordnung an Hortig Interiora 66. 93

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