J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 5. Die Hilfsämter

brachte. Erst 1816 ist Hormayr die Rückkehrerlaubnis erteilt worden^ die Archiv direktion aber ist dem „großen Verbrecher“, den Kaiser Franz für­derhin in ihm erblickte, so sehr er sich auch um sie — so noch 1827 als um seine „letzte und einzige Hoffnung“ — bemühte, versagt geblieben. Hormayr wurde — unter Beibehaltung des Hofratscharakters — zum Haus­und Staatshistoriographen bestellt und hatte als solcher ihm fallweise auf­getragene historische Ausarbeitungen zu liefern 440). Diesem unbefriedigen­den Verhältnisse hat der ehrgeizige und ebenso geniale wie unruhige Mann — sein Name stand als einziger österreichischer auf der ersten Mitglieder­liste der Monumenta Germaniae — den Rücken gekehrt, indem er 1828 in bayrische Staatsdienste getreten ist. Nach Hormayrs Gefangennahme ist der Staatskanzleirat Swieteczky zum Archivdirektor bestellt worden, ein geistloser Aktenmensch, dem dieser Posten nicht das mindeste zu bieten hatte 441). 1816 wurde Hofrat Radermacher, ein Mann von bedeuten­den Kenntnissen, wenn auch bezüglich der Archivbenützung von kleinlicher Ängstlichkeit, zum Archivdirektor ernannt. Zur selben Zeit aber wurde er als Schiedsrichter in die Pariser Liquidierungskommission entsendet, von der er erst 1819 zurückkehrte, so daß ihn unterdessen Swieteczky vertreten mußte. Nach Radermachers Tod (April 1827) hat sich der Staatskanzleirat Baron Bretfeld — allerdings ohne Erfolg — um den Direktorsposten be­müht, der erst nach sieben Jahren mit dem Archivar Josef Knechtl besetzt worden ist. Und wieder dauerte es mehr als zwei Jahre, ehe im November 1840 der Freiherr Ignaz von Reinhart an Knechtls Stelle getreten ist. Der hatte 1805 bei der Wiener Oberpolizeidirektion begonnen und seinen Dienst 1806 im Staatsarchive fortgesetzt 442). In diesem war er 1810 zum dritten, 18x6 zum zweiten und 1834 zum ersten Archivar (und Rat) ernannt worden, ehe ihn Metternich zum Hofrat und Archivdirektor bestellte. Dem Staatsarchive hat Reinhart, wie ihm Metternich 1843 nach­rühmte, seine ganze Existenz geopfert und infolge seiner großen Anstren­gungen einen frühen Tod gefunden 443). Sein Zeitgenosse, der Staatskanzlei­offizial Alfred Arneth, hat ihn als unendlich gutmütig, aber als unpraktisch und überhaupt nichts weniger als geistig bedeutend bezeichnet. Dem wider­spricht das Urteil, das L. Bittner aus dem Studium der Archivakten ge­wonnen hat 444). Reinharts Nachfolger wurde ein Außenseiter, der Freiherr Clemens von Hügel 44B), der zuletzt als Hofrat in Metternichs Kabinett gedient hatte. Nun wies ihm dieser nach eineinhalbjähriger Pause die Archiv­direktion zu, ohne sich aber zugleich darüber klar zu werden, ob er ihn weiter um seine Person behalten sollte oder nicht: Metternich hatte darum angesucht und der Kaiser es bewilligt, dann aber — in Hügels Ernennungs­dekret 446) — den Satz dieses Inhaltes doch wieder durchgestrichen. Es ““) 16 VIII 25, 27 VII 24 Hormayr an Mett. Personalia 8. 441) Hormayr sah in seinem Nachfolger ein obskures Individuum, einen sehr mittel­mäßigen Kopf, der vom Archive so wenig Begriffe hatte wie er selbst von Mechanik und Musik (F. K r o n e s, Aus Österreichs Tagen 326). 442) Biographie Reinharts Personalia 24. 443) 40 XI 10 Dekret F 4 Personalia 37 (Chmel); 43 V 7 Vortrag F 4 Personalia 185. 444) A. Arneth 1. c. 1, 253; C. Wurtbach 1. c. 25, 206; L. B i 11 n e r 1. c. 274. 445) C. Wurzbach 1. c. 9, 400. 446) 46 I 9 Dekret F 4 Personalia 98. 78

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