J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
III. Die Organisation der Staatskanzlei - 5. Die Hilfsämter
1846 kam — nach Teichmanns Angaben — ein besonderes Paßvisaprotokoll hinzu. Auch die Einführung der Geschäftszahlen, des kräftigsten Heilmittels gegen allerlei „Archivarbeschwernis“, und der Referatsskontros (-nummernbücher) war damals geplant. Die Amtsstunden waren die der Staatskanzlei, nur mußte im Expedite auch während der Mittagspause und abends, solange noch ein Hofrat in der Staatskanzlei anwesend war, Präsenzdienst gehalten werden. Das ist nun freilich — zumal im Expedit der auswärtigen Abteilung — nicht immer so streng eingehalten worden, so daß es 1839, teils infolge der unzureichenden Anzahl der verfügbaren Schreibkräfte — der eine kam nur vormittags, der andere aus Gesundheitsrücksichten monatelang gar nicht ins Büro, ein dritter gab täglich mehrere Sprachstunden —, teils infolge des Mangels an aufmunternden Gehaltszulagen, der im Verein mit der Überlastung der arbeitswilligen Mundanten das Los derselben nach der Meinung des Grafen Mercy zu einem der beklagenswertesten aller österreichischen Beamten gestaltete, des Eingreifens des Staatskanzlers bedurfte, um das Expedit der auswärtigen Abteilung, das auch seine Hand- und Kabinettsschreiben besorgte, wieder in Gang zu bringen S20). Jedes der beiden Expedite verfügte über einen Expeditor (= Expeditsdirektor), einen Expeditsadjunkten und über etwa sechs Offiziale, die samt dem Adjunkten dem Expeditor, mit diesem zugleich aber dem Kanzleidirektor der Abteilung unterstanden, dem die Oberaufsicht über alle Hilfsämter derselben, die Geschäftsverteilung, die Gewähr für die Richtigkeit der Expeditionen, die Abfertigung der Kuriere und der unmittelbare Dienstverkehr mit dem Staatskanzler zukam. Kanzleidirektor oder Expeditor, zuweilen auch ein Hofsekretär, führten die Kanzleikasse, aus der der älteste Türhüter den Kanzleibedarf beschaffte. Der Kanzleidirektor Unterzeichnete die Pässe und Zertifikate, die Legalisierungen und die Rittgeldanweisungen für die Kuriere321). Er behob die Gehälter und stellte dem Staatskanzler die Zeitungen zu. Das Hauptgeschäft war naturgemäß die Herstellung der Reinschriften, wobei jeder Offizial das von ihm kopierte Konzept unter Voransetzung der Silbe „Mund.“ mit Datum und Namen zu bezeichnen hatte. Auch der Tag des Abgehens und der Name des Bestellers hätten darauf vermerkt werden sollen 322). Wichtiger als dies ist die Tatsache, daß das Konzept erst im Expedit sein Datum — das des Abgangstages der Reinschrift — erhalten hat. In Ausnahmefällen hat Metternich bei der Unterzeichnung das Datum miteingesetzt. Konzepte, die er nicht genehmigte oder deren Ausfertigung unterblieb, entbehren des Tagesdatums 32s). Außer den Reinschriften hatten die Offiziale auch Auszüge — sogenannte Extrakte — herzustellen, die vornehmlich zur Verständigung der anderen Staatskanzleiabteilung dienten. Sie sind auch, zumal die älteren und erfahreneren, zur Ausarbeitung von Konzepten herangezogen worden. So hat sich z. B. der Expeditsadjunkt der inländischen Abteilung Teichmann auf seine Konzepte in Verpflegsgebühren-, Paß-, 32 32°) 39 XII ij Mercy an Mett, acta secreta n. 544 in Fz. 6. 321) 16 VIII 27 Organisation Interiora 2. 322) 09 XI 13 Organisation Interiora 1; 11 V Weisung Interiora 2. 323) 3J IV Mett, an Ostini Lucca 2; 47 IX Weisung nach Neapel Neapel 73. 58