J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

V. Gentz und Metternich - 2. Metternich

Ähnlich wie Metternich sind zuweilen auch Münch von Dilg und Ficquel- mont von Hummelauer verbessert worden. Wie erstaunlich zahlreich auch Metternichs eigenhändige Nieder­schriften gewesen sind, so stellen sie doch nur einen geringfügigen Bruchteil der gesamten, von der Staatskanzlei geleisteten Aktenarbeit dar. Die ruhte ja doch — den Grundsätzen entsprechend, an die sich Metternich hielt — zum allergrößten Teile auf den Schultern seiner Mitarbeiter. Zu regeln war da lediglich die Frage, ob und inwieweit der Staatskanzler an den Ausarbeitungen derselben Teil hatte. Die Neuorganisation des Jahres 1809 bezeichnete es als die einzig wirksame Überprüfung der von der Staats­kanzlei gelieferten Ausarbeitungen, daß Metternich alle Aufsätze seiner Referenten vor ihrer Ausfertigung oder doch wenigstens die Reinschriften selbst durchlas 875). Das wurde praktisch in der Weise gehandhabt, daß der Staatskanzler die Reinschriften sämtlich Unterzeichnete, von den Konzepten aber nur die wichtigeren vor ihrer Ausfertigung durchsah. Aufsätze dieser letzteren Gattung kamen ihm also zweimal — im Konzept und in der Reinschrift — vor Augen, die übrigen nach entsprechender Überprüfung durch Referenten und Abteilungschef erst bei der Unterschrift (Signa­tur) 876). So ist es im wesentlichen während der ganzen Dauer der Staats­kanzlerschaft des Fürsten Metternich gehalten worden. Wohl hat die Neu­ordnung des Jahres 1846 dem wachsenden Geschäftsandrange dadurch Rechnung zu tragen versucht, daß die Referenten die wichtigeren Konzepte wie bisher dem Staatskanzler zur Durchsicht vorzulegen, die minder wich­tigen aber an den Unterstaatssekretär zu leiten hatten. Die Reinschriften politischen Charakters hätte Metternich alle noch selbst unterzeichnen, die administrativen aber — mit Ausnahme der Vorträge und der wichtigeren Expeditionen dieser Art — dem Unterstaatssekretär zur Unterschrift („für den Minister des Äußern“) überlassen sollen 877). Diese Neuregelung ist aber, wie schon früher bemerkt, während der Staatskanzlerschaft Metternichs nicht mehr ins Leben getreten, da es erst nach seinem Rück­tritte zur Bestellung eines Unterstaatssekretärs gekommen ist. Um so mehr haben wir uns also an Fland der Akten selbst über den Anteil zu unter­richten, den Metternich an den Arbeiten der Staatskanzlei genommen hat. Da ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der Staatskanzler seit den Zwanzigerjahren — und je älter er wurde, um so häufiger — die Verbin­dung mit seinen Referenten dadurch hergestellt hat, daß er die einlaufenden Aktenstücke — Eröffnung und Zuteilung derselben behielt er sich ja, theoretisch wenigstens, selbst vor — mit Gutachten und Erledigungsent­würfen versah, nach denen sie jene zu bearbeiten hatten. Bisweilen hat er seine Weisungen — so durch Mercy — abgesondert zu Papier bringen lassen 878). Neben dieser schriftlichen Fühlungnahme ist aber — und zwar in sehr weitgehendem Maße — die Erteilung mündlicher Weisungen an die Referenten anzunehmen, auch wenn ihre Konzepte nichts davon verraten. 875) 09 XI 13 Organisierung Interiora 1; vgl. S. 52 ff. 87e) (1812) Organisierung Interiora 2. 877) 46 IV 23 Geschäftsordnung Interiora 3. 87s) 21 VIII 20 Bericht aus Krakau Rußland, Varia 1; 29 X 16 Directions de S. A. Frankreich, Varia 99; 44 VIII 19 Bericht aus Dresden Deutsche Akten 75 (alt). 150

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