J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

V. Gentz und Metternich - 1. Gentz

er um mehr als das Fünffache 734). Glänzender noch waren die Geschenke, die die Tänzerin Fanny Elßler, Gentzens letzte Liebe, von ihm empfing 7SB). Angesichts so unerhört großer und großzügiger Aufwendungen und Ausgaben darf billig nach der Art der vorerwähnten Nebeneinnahmen ge­fragt werden. Denn diese konnten, so sehr sich auch Gentz dessen bewußt und dem nach Möglichkeit Rechnung zu tragen bestrebt gewesen ist 738), doch nur durch die Preisgabe von Staatsgeheimnissen erfolgen. Und das war, wenn auch Metternich darum wußte, ja selbst zuweilen — fördernd oder hemmend — eingriff 787) und es damit bis zu einem gewissen Grade guthieß, ein gefährliches, nicht unbedenkliches Spiel. Unumwunden ist Gentz während des Wiener Kongresses des Verrates beschuldigt worden73S * *), Reichlicher als allen übrigen Beamten der Staatskanzlei wurden ihm die diplomatischen Präsente der fremden Regierungen zugemessen. Allein im November und Dezember 1814 hat Gentz auf dem Wiener Kongresse — von den walachischen, unten näher berührten Einkünften abgesehen — 48.000 fl. an Sonderbezügen eingenommen, im ganzen Jahr 1814 17.000 Dukaten (d. s. 76. j00 fl.) 739). Von Preußen und Baden erhielt er im folgenden Jahre bei derselben Gelegenheit je 1000 Dukaten, von England neben dem Kongreßpräsente 400 Pfund, von Frankreich 10.000 fl., von Neapel 500 Dukaten, von Rußland eine Dose im Werte von 300 Dukaten und 800 Dukaten dazu 74°). Der Aachener Kongreß brachte Gentz 6000 Dukaten diplomatische Präsente in Dosen und Geld ein 741). Auch sonst lassen sich solche Zuwendungen auf Schritt und Tritt verfolgen. Die Niederlande zahlten 1816 500 Dukaten, Rußland 500 Rubel in brillantenbesetzter Dose, Spanien 800 Dukaten, Portugal 1817 4700 fl. Eigenhändig kündigte im selben Jahre König Maximilian von Bayern Gentz ein Geschenk von 10.000 fl. an, England stellte sich 1821 mit 300 Pfund ein, Neapel ver­sprach im selben Jahre 3000 Dukaten, Frankreich zahlte 1823 1200 Du­katen 742 *). Angesichts so reidier Zuwendungen hat Gentz, wie Adam Müller urteilte, Kongresse solcher Art auch den bestbesetzten Gesandtschaften vorgezogen 74S). Daß das nicht nur Ehrengeschenke gewesen sind, liegt nahe anzu­nehmen. Bei Castlereagh bewarb sich Gentz während des Wiener Kon­gresses um eine englische Pension und erhielt von ihm „die schönsten Ver­sprechungen“. Er half ihm als Übersetzer und muß sich noch 1828 um den englischen Botschafter Cowley verdient gemacht haben, da dieser Gentzens Sekretär Schweitzer mit joo fl. belohnt hat 744). Den mediatisierten Reichs­734) K. Varnhagen, Denkwürdigkeiten 8, 141 ff. 735) A. Winkler, Wie Gentz die Fanny Elßler gewann (Wiener Zeitung Weih- nadnsnummer 1928). 73«) F. W i 11 i c h e n 1. c. 1, 340. 787) Aus Mett.s nachgel. Papieren 5, 223. 738) A. Fournier, Geh. Polizei 253. 739) K. Varnhagen, Gentzens Tagebücher 352. 7,°) L. Ass ing 1. c. i, 377, 383 f., 411, 430 f., 441. 7M) L. Assing 1. c. 2, 286. 742) L. Assing 1. c. 2, 27, 33, 71, 106 f., 138, 424; 3, 172; 21 X 13 Gentz an Bubna Interiora 105. 7“) K. Varnhagen, Blätter 3, 135 f. m) L. Assing 1. c. i, 323 f., 327; 4, 434. 130

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