J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
V. Gentz und Metternich - 1. Gentz
fürsten stellte Gentz auf dem Aachener Kongresse für 1000 Dukaten seine Feder zur Verfügung, den Russen lieferte er zum selben Preise 1821 und 1823 Ausarbeitungen über die österreichischen Finanzen und die deutschen Angelegenheiten, bei anderen Mächten — so bei Schweden — scheint es bei ihren Anträgen geblieben zu sein. Dem preußischen Flofe soll sich Gentz selbst angeboten haben 74B). Sorgfältiger als diese mannigfaltigen Dienstleistungen Gentzens, deren Bedeutung aus den Summen, die sie ihm eintrugen, erschlossen werden kann, hat Metternich Gentzens geheime Korrespondenz mit den Hospo- daren der Walachei verfolgt 74°), die fast zwei Jahrzehnte lang — von den Befreiungskriegen bis zur Besetzung der Donaufürstentümer durch die Russen — gedauert hat. Metternich selbst hat diesen Informationsdienst, nachdem ihn lange der Wiener preußische Gesandte versehen hatte, für Österreich in Anspruch genommen und seinen Inhalt bestimmt, um durch diesen „Staatsstreich“ „auf mittelbarem Wege auf den Divan zu wirken und ihm unsere Ansichten über die politischen Verhältnisse der Pforte auf unbefangene Art zukommen zu lassen“. Kaiser Franz hat diese Geheimkorrespondenz Gentzens im Interzeptwege eingesehen und sich Metternich gegenüber des öfteren hierüber geäußert 745 * 747). Daß Gentz reichlich dafür belohnt wurde, war gleichfalls beabsichtigt und bedeutete — da dadurch seine finanzielle Lage wesentlich entspannt wurde — in diesem Sinne „eine Erleichterung für den Staatshaushalt“ 748). Dem Internuntius Baron Ottenfels, der die Verbindung mit Wien herstellte, hat sich Gentz durch reichhaltige und regelmäßige Berichterstattung erkenntlich gezeigt 749). Schon 1813 galt Gentz dem Fürsten der Walachei als eines der ersten Orakel, auf das man auch in Konstantinopel größtes Gewicht legte 750). 1818 mußte Fürst Jankó Caradja, den Gentz so trefflich bedient hatte, flüchten und Alexander Sutzo Platz machen. Das berührte aber die bisherige Geheimkorrespondenz in keiner Weise, da sich auch Alexander Sutzo darum bewarb, so daß Gentz schon im Jänner 1819 die erste politische Depesche an ihn absenden konnte. Da jedoch Alexander Sutzo ganz unter russischem Einfluß stand, mußte sich Gentz über Metternichs Auftrag erhöhter Vorsicht befleißigen 751). Neben Alexander Sutzo, der in Bukarest residierte, bewarb sich auch dessen moldauischer Kollege Michael Sutzo in Jassy um Gentzens Berichterstattung, da er, wie er sagte, mit der Pforte auf viel vertrauterem Fuße stand als der walachische Hospodar von Bukarest. Gentz muß diesem Ansuchen — vorübergehend zum mindesten — entsprochen haben, da er im Jänner 1821 von seinen Freunden aus Jassy und Pisa — hier lebte der Exhospodar Caradja — Zuwendungen empfangen hat. Auch Fürst Calli745) L. Assing 1. c. 2, 281, 311, 389, 415; 3, 137; Fournier-Winkler, Gentzens Tagebücher 30. 718) H. Schiitter 1. c. 322 f.; in drei Bänden herausgegeben von Prokesch- Osten jun. (Paris 1876/77); z. T. verdeutscht bei A. Klinkowström, österr. Teilnahme a. d. Befreiungskr. 747) 19 V 27 Billett an Mett. Vorträge 319; L. Assing 1. c. 3, 153. 748) 16 II 7, 30 V 4 Vorträge 296, 386; IC. Varnhagen, Gentzens Tagebücher 271. 74S>) J. Krauterl. c. 81 f. 75°) F. Witt ich en 1. c. 3/1, 218, 292. m) L. Assing 1. c. 2, 293, 3x1; F. Wittichen 1. c. 3/1, 448. 9* 131