J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten

Kolowrat die „Mißanwendungen, um sie nicht Mißbräuche zu nennen“, die sich daraus ergaben, bekämpft. Dieser „Zwischenzustand zwischen Aktivi­tät und Ruhe“ mit reichlich bemessenen, keinerlei dauernde Betätigung erfordernden Bezügen hat nicht selten jedes Streben nach Wiederanstellung erstickt 604). Viele Jahre lang hat es Philipp von Neumann mit Unter­stützung der Fürstin Melanie verstanden, allen Wiederanstellungsvor­schlägen, die ihm Metternich zu wiederholten Malen machte — 1836 nach Amerika, 1837 nach Paris, 1839 nach Rom —, auszuweichen. Er zog es vor, sich den gesellschaftlichen und künstlerischen Genüssen der Residenz­stadt hinzugeben und sich mit den geringfügigen Dienstleistungen zu be­gnügen, die ihm Metternich fallweise zuwies 605). So konnte es kommen, daß die auf Wartgeld gesetzten Diplomaten viele Jahre lang ihren Posten fernblieben, was Kolowrat — wenn es sich um jüngere Beamte in ge­sicherten Vermögensverhältnissen handelte — dem Vorwalten persönlicher Beweggründe zuschrieb 606). Aus ähnlichen Ursachen ist Kolowrat auch gegen Jarckes Berufung aufgetreten, die ihm auf der betrüblichen Voraus­setzung zu beruhen schien, daß kein Mann in ganz Österreich an Gentzens Stelle zu treten vermochte, was auf die Staatskanzlei und die ihr ange­hörenden Publizisten kein gutes Licht warf 607). Meist erst nach vielen Jahren ist das Wartgeld, wenn jede Wiederanstellungsmöglichkeit ge­schwunden war, auf den Ruhegehalt herabgesetzt worden. Der Bemessung desselben lag noch immer das Pensionsnormale Kaiser Josefs II. von 1781 zugrunde. Personalzulagen gingen meist in den Ruhegehalt über. Im Falle langjähriger Dienstleistung konnte der Ruhegehalt die volle Höhe der Aktivbezüge erreichen. 2. Besonderheiten. Ihrer Herkunft nach waren die Beamten der Staatskanzlei natur­gemäß zum größten Teile Inländer. Andere stammten, soviel man sehen kann, aus den Reichslanden, auch aus den ehemaligen belgischen Provinzen. Metternich, Radermacher und Mähler waren in Koblenz geboren, Spiegel und Bucholtz hatten ihre Heimat in Westfalen, Kreß stammte aus Nürn­berg, Friedrich Schlegel und Hülsemann aus Hannover, Adam Müller aus Berlin, Jarcke aus Danzig, Josef Pilat aus Augsburg, Gentz aus Breslau, Wessenberg aus Dresden, Meysenbug aus Kassel. Auch noch andere mögen, wie Lilien oder die Dilg, rheinischer Herkunft gewesen sein. Es war die uralte politische Verbundenheit, die darin zum Ausdrucke kam. Ein Gleiches war bezüglich der ehemaligen belgischen Provinzen der Fall, deren Landes­kinder gleich den Spaniern des 18. Jahrhunderts in österreichische Dienste übernommen worden sind. So z. B. Duchateau, der Brüsseler Hoze de Feria, Perin, Vesque, auch die Stradiot und die Kesaer. Luxemburger waren Wacken und Casaqui. Aus Frankreich stammten u. a. Mercy und Ficquel- mont, aus Italien Landi und Zanetti, die Freiherrn Depont und Friedrich e04) 29 VI ii Vortrag Mettemidis Minister Kolowratsakten 1095/1829. 605) E. Beresford Chancellor 1. c. 2, 41, 62, 107 u. ö 606) 39 VII 17 Vortrag der Hofkammer Minister Kolowratsakten 1172/1839. 607) 32 VI 16 Vortrag Mett.s F 4 Personalia 102 (Jarcke), Minister Kolowratsakten 1397/1832. 104

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