J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)
IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 2. Besonderheiten
Hurter aus der Schweiz, Bretfeld, der national beeinflußte Zensor von Grillparzers Ottokar, und Nowotny vertraten das tschechische, Gévay und die beiden Huszár das ungarische Element 608). Nicht wenige dieser Ankömmlinge waren oder wurden Konvertiten, die im Vereine mit anderen — geborenen und gesinnungsver- wandten — Katholiken dem Beamtenkörper der Staatskanzlei der Metternichzeit eine besondere Note verliehen haben. Ignaz Beidtel, der bekannte Geschichtsschreiber der österreichischen Staatsverwaltung, hat auf dieses Konvertitenelement und die in der Staatskanzlei herrschende Vorliebe für den Pietismus besonders hingewiesen 609). Das war ja im Grunde nichts Neues und schon im 18. Jahrhundert allenthalben zu bemerken, wie ja auch — um nur ein Beispiel zu nennen — die bekannte Schriftstellerin Caroline Pichler, selbst ein Sammelpunkt solcher Kreise, die Tochter einer Konvertitin gewesen ist, die Maria Theresia erzogen und zu ihrer Vorleserin gemacht hatte. Einzelne Konvertiten oder ihren Zirkeln ange- hörige Reformkatholiken sind in verwandtschaftliche Beziehungen zueinander getreten. Pilat und der bekannte Institutsdirektor Friedrich von Klinkowström waren Schwäger, Hübner ehelichte — wenige Monate nach seiner Anstellung in der Staatskanzlei — die jüngste Tochter seines Gönners Pilat, während ein Sohn dieses letzteren eine Tochter Adam Müllers zur Frau nahm 61°). Es war der bekannte, den Hl. Clemens Maria Hofbauer umgebende Kreis von Reformkatholiken, in dem sich diese Konvertiten und ihre Anhänger vornehmlich bewegten. Nicht wenige haben erst in dieser Umgebung, der auch die Fürstin Metternich nahestand, ihre Konversion vollzogen. So schon 1810 die Stiefsöhne Friedrich Schlegels — die Kinder Dorotheens aus ihrer ersten Ehe —, während die Eltern diesen Schritt 1808 in Köln getan hatten. 1813 ist ihnen Adam Müllers Gemahlin — er selbst war schon 1805 in Wien konvertiert — nachgefolgt. Die Schwestern Friederike und Elise von Mengershausen, nun die Gattinnen Friedrich Klinkowströms und Pilats, haben ihre Konversion gemeinsam am 1. Juni 1814 vollzogen. Klinkowström selbst, der einzige Nochnichtkatholik dieser Verwandtschaft — Pilat war ja ein katholisch geborener Augsburger —, hat diesen Schritt bald nach seiner Frau unter dem unmittelbaren Einfluß seines Schwagers vollzogen. Und Pilat war auch mit Friedrich Schlegel Zeuge dieser Konversion, wiewohl er — gemeinsam mit Adam Müller — erst zwei Jahre früher in der protestantischen Dorotheer Kirche der Trauung Klinkowströms mit Friederike von Mengershausen als Zeuge beigewohnt hatte. Auch Münch, der spätere Frankfurter Präsidialgesandte, hat dem Hofbauerkreise angehört 611). Viele seiner Anhänger und Nachfahren haben bekanntlich gleich Hofbauer selbst in Maria-Enzersdorf bei Wien ihre letzte Ruhestätte gefunden; so Zacharias Werner, Adam Müller, Bucholtz, Pilat *°®) Beidtel-Huber 1. c. 2, 218 f., 346; A. Sauer, Grillparzers sämtl. Werke 19, 118. 609) Beidtel-Huber 1. c. 2, 218, 261; H. v. S r b i k 1. c. 1, 306 ff. (Metternichs religiöse Entwicklung); Nagl-Zeidler-Castle 1. c. 2, 840 ff. 61°) F. Engel-Jánosi, Hübner 13, 18; C. Pichler 1. c. 4, 98. 611) J. Hofer, Cl. M. Hofbauer 251, 254, 265 ff., 375; A. Klinkowström, Fr. A. Klinkowström 133, 280; vgl. im alig. V. B i b 1 1. c. 1, 292 ff. 105