Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)
VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 3. Sekretäre der lateinischen Expedition
Georgenthal in den Adelsstand 208). Er hat während seines nicht sehr lange dauernden Sekretariats eine eifrige Tätigkeit entfaltet. Die Zahl der von ihm selbst gearbeiteten Konzepte in allen Abteilungen der lateinischen Expedition ist recht groß, ebenso auch die der von ihm erstatteten Konferenzreferate 209). Vieles ließ er auch durch Kützberger, seinen Amanuensis, verfassen und beschränkte sich auf die Überprüfung 21°). Georgenthal starb am 14. Dezember 1727 211). Sein Nachfolger wurde Johann Josef von Schnappauf, der am 17. Januar 1728 als wirklicher lateinischer Referendar installiert wurde 211). Dieser war ein Vertrauensmann und langjähriger Diener des Hauses Schönborn. Er entstammte einer alten Beamtenfamilie, die den Hochstiftern Bamberg und Würzburg schon seit mehr als einem Jahrhundert Kanzler, Hofräte und Sekretäre gestellt hatte. Sein Vater war fürstlich Bambergi- scher Hofrat und Landschreiber des kaiserlichen Landgerichts in Franken. Er selbst wurde Privatsekretär beim Reichsvizekanzler Schönborn, nachdem er schon vorher Geheimsekretär bei Bischof Johann Philipp Franz von Würzburg gewesen war und ihn auch der Erzkanzler Lothar Franz in verschiedenen Angelegenheiten des Hauses Schönborn verwendet hatte. Der Erzkanzler wollte ihn schon 1720 zum Reichssekretär vorschlagen, doch ließ ihn damals Johann Philipp von Würzburg nicht ziehen. Später erhielt er den Titel eines kaiserlichen Rates und am 4. November 1724 ein Exspek- tanzdekret auf das deutsche Reichsreferendariat, als Exspektantist wurde er auch am 1. März 1725 beeidet211). 1726 wurde er vom Kaiser in den Ritterstand erhoben 212). Nach Georgendiels Tod erhielt er, der damals als Referendariatsadjunkt bezeichnet wurde, ein neues Exspektanzdekret auf das lateinische Referendariat213), das ihm dann auch übertragen wurde. Seit 1728 erscheint er als eifriger Konzipient in der lateinischen Expedition214). Die Zeit seiner Tätigkeit fällt in eine Periode besonderen Niederganges der Kanzlei, die sich damals gegen ihre Feinde am Hofe, besonders gegen Bartenstein, zu verteidigen hatte, denen die notorischen Mißstände in der Kanzlei (Verrat von geheimen Aktenstücken) begründeten Anlaß für ihre Angriffe boten. Bei dem großen Konflikt des Jahres 1732 bewährte sich Schnappauf als ein aufrechter Verfechter der erzkanzlerischen Rechte und treuer Anhänger Schönborns, indem er die Jurisdiktionsrechte der Reichskanzlei gegen die Eingriffe von österreichischer Seite zu verteidigen suchte 21B). Er bewies damals ungleich mehr Mut als Schönborns Vertreter Metsch, wofür er allerdings vom Erzkanzler schlecht belohnt wurde. Unter dem Drucke des Wiener Hofes, der Schnappaufs Verhalten als eine Auflehnung gegen einen Befehl des Kaisers hinstellte, erhielt Schnappauf ein tadelndes Dekret des Erzkanzlers, in dem ihm die schärfste Mißbilligung 20s) Die biograph. Daten aus seinem Adelsdiplom v. 8. Jan. 1721 i. R. Reg. Karls VI. Bd. 21, fol. 387. 209) Vgl. Rom 145 u. 153, Dänemark 38, Russica 12 b. 21°) Vgl. unten S. 440. 211) Eidbuch.-1'2) Eingabe u. Dipl. Konz. v. 7. Febr. 1726 Staatsarch. d. Innern. In der Eingabe die Daten über seine Familie und seine Karriere. 213) R. K. Verf. A. 6. 214) Vgl. z. B. Frankreh. 62: 1728 Febr. 7 Weisg. an Pentenrieder u. Rom 153, 158, 163. 216) Vgl. oben S. 74 f. 429