Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)
VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 3. Sekretäre der lateinischen Expedition
als Reichshofratssekretär installiert18S). Seine Ernennung war gegen den Willen Königseggs erfolgt, der Bertram für ebenso unfähig wie unredlich hielt und in wiederholten Berichten an den Erzkanzler sich gegen ihn aussprach. Es scheint, daß Bertram sogar ein Empfehlungsschreiben des Kaisers an den Erzkanzler hinter dem Rücken des Reichsvizekanzlers zu erschleichen verstand 188 189). Als Reichshofratssekretär hatte Bertram wiederholte Konflikte mit Beuer, die teilweise mit großer Schärfe ausgetragen wurden. Bertram beschwerte sich beim Erzkanzler, daß Beuer seine Konzepte, darunter auch solche von den Reichshofratsreferenten revidierte, korrigiere. Die Anschauung, daß Bertram unfähig sei, teilte auch Bischof Emerich von Wien, der 1684 dem Erzkanzler schrieb, daß Bertram zum lateinischen Sekretariat nicht qualifiziert sei 19°). Nichtsdestoweniger gelang es ihm zwei Jahre später, dasselbe doch zu erlangen. Er wurde am 4. Juni 1686 zum geheimen Sekretär ernannt191). Allerdings vermochte er sich in dieser Stellung nicht zu behaupten und mußte im März 1690 einem Befehle des Erzkanzlers gemäß seinen Posten an Lutz von Dolberg abgeben 192). Er hatte nun offenbar doch auch die Gunst des Kurfürsten verloren. Er blieb jedoch weiterhin Reichshofratssekretär. Seine konzeptive Tätigkeit im geheimen Sekretariat war anscheinend keine sehr große. Im Reichshofrat fungierte er aber noch bis zu seinem Tode am 29. Juli 1712 193 194). Bertram war der Verfasser eines Hilfsbuches für den Dienst im Reichshofrat, das die wichtigsten Formeln enthielt und 1712 als die „kleine Praxis des Secretarii Bertram“ bezeichnet wird 184). Lutz von Dolberg (Dohlberg) wurde am 31. Mai 1690 als geheimer lateinischer Sekretär installiert195 196). Er entstammte einer niederländischen Familie aus der Landschaft Twente, von wo seine Vorfahren nach Rams- dorf im Hochstift Münster gekommen waren. Dolberg war 1663 in den österreichischen Dienst eingetreten und hatte noch bei Hocher und Weissen- wolf bei der österreichischen Reichstagsgesandtschaft in Regensburg gedient, später auch bei Basserode, dem kaiserlichen Residenten in Schweden. Er war eine erprobte Arbeitskraft195a). Zufolge einer Verfügung des Erzkanzlers vom ij. März 1690 sollte Dolberg, der damals Sekretär bei der österreichischen Reichstagsgesandtschaft in Regensburg war, neben der geheimen auch die Judizialexpedition haben 19e), doch vermochte sich Bertram bei den letzteren zu behaupten. In den folgenden zwei Jahrzehnten war nun Dolberg neben Consbruch die erste Konzeptskraft der Kanzlei. Seine Hand begegnet in sehr vielen Konzepten der lateinischen Expedition, 188) R. K. Verf. A. 8 u. 10. 18°) Königseggs Ber. i. Mzer. R. K. 25 !l: 1675 Aug. 18, Sept. 26, Dez. 1 u. 1678 Mai 1. 19°) Mzer. R. K. 27 *>: 1684 Aug. 10. 191) R. K. Verf. A. 5. 192) R. K. Verf. A. 8: 1690 März 15 schreibt der Erzkzler., daß der gewesene lateinische geheime Sekretär B. bei dieser Expedition nicht länger geduldet werden könne. 193) R. Taxbuch. 194) Lyncker erwähnt es 1712 in seiner „Facies iudicii aulici imperialis“ (R. H. R. Verf. A. 3). 195) Eidbuch. 195 a) Die genealog. u. biograph. Daten i. Ritterstandsdipl. v. 1713 Dez. 12 i. R. Reg. Karls VI. Bd. % fol. 126 ▼. 196) R. K. Verf. A. 8. 427