Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 3. Sekretäre der lateinischen Expedition

dieses Rates. Questenbergs Tätigkeit als Sekretär dauerte bis zum Ende des Jahres 1630. Einige Zeit nach seiner Enthebung vom Sekretariatsdienst reichte er beim Kaiser eine Bittschrift um Gewährung einer Abfertigung ein, nachdem er sie vergeblich vom Erzkanzler zu erlangen gesucht hatte. Diese Bittschrift ist gekennzeichnet durch eine deutliche Spitze gegen den Kurfürsten von Mainz. Er betont sehr nachdrücklich, daß er dem Kaiser „immediate“ und nicht dem „Herrn Kurfürsten zu Mainz gedient habe“. Mag diese Schärfe vielleicht auch durch den bisherigen Mißerfolg seiner Bemühungen beim Erzkanzler bedingt gewesen sein, so ist die Bittschrift doch charakteristisch für die Auffassung Questenbergs von seiner Stellung. Der Kaiser entschloß sich indessen nach einem sehr vorsichtigen, für die damalige Situation von Reichskanzlei und Taxamt sehr bezeichnenden Gutachten des Reichsvizekanzlers, das am 6. März 1632 in den geheimen Rat gelangte, nur dazu, Questenbergs Anliegen beim Kurfürsten warm zu befürworten12S). In den folgenden Jahren wurde Questenberg neben seiner Tätigkeit als Reichshofrat und als Referent für italienische und polnische Angelegenheiten im geheimen Rate 127) hauptsächlich zu verschie­denen diplomatischen Missionen herangezogen. So war er 1634 mit Trauttmansdorff und Gebhard als Friedensunterhändler in Leitmeritz und führte eigenhändig das Verhandlungsprotokoll128). 1637 wurde er mit dem Reichshofrat Johann Crane zu Friedensverhandlungen nach Köln entsandt129). An Auszeichnungen seitens des Kaisers fehlte es Questenberg nicht. Nachdem er und seine Brüder 1613 und 1622 Adelsbestätigungen und Wappenbesserungen erhalten hatten 13°), wurde er und sein Bruder Gerhard am 17. März 1627 von Ferdinand II. in den Freiherrnstand erhoben 131). Er erwarb auch reichen Grundbesitz in den österreichischen Ländern, vor allem in Böhmen. In seinem Testament bezeichnet er sich als Herrn auf Groß-Koleschau, Pomeisl, Stroetitz und Erdberg132). Er starb 1651, zwischen dem 21. Januar und 19. Februar, zu Köln 133). Questenbergs Nachfolger als lateinischer Sekretär wurde Johannes W alderode von Eckhusen. Er stammte aus der damals luxemburgi­schen Stadt St. Vith, die heute zu dem von Deutschland an Belgien abge­tretenen Kreis Malmedy gehört. Die Familie Walderode war wohl ur­sprünglich aus dem in unmittelbarer Nähe von St. Vith liegenden Dorf 12 12°) Bittschrift und Gutachten in R. K. Verf. A. 30, Konv. Q. — In der Bittschrift spielt Questenberg auch darauf an, daß 1630 zu Regensburg Leute „mit etlichen tausend remuneriert worden, deren meritum nur in einem scherzigen discurs und starken trunk bestanden“. Gegen wen dieser Ausfall gerichtet war, ist schwer zu sagen. Das Reichstax- buch verzeichnet 1630 mehrfach höhere Zuwendungen an verschiedene Räte des Erzkanzlers, doch erreichen sie nicht eine Höhe von „etlichen tausend“. — Das kaiserliche Empfehlungs­schreiben scheint keinen allzu großen Erfolg gehabt zu haben, erst 1634 verzeichnet das Reichstaxbuch ein Gnadengeld von 1500 fl. für Questenberg. 127) Der „Status regiminis“ (Fellner-Kretschmayr 1/2, 225) nennt ihn unter den „referendarii“ des geheimen Rats „in Italicis et Polonicis rebus“. 128) R. K. Friedensakt. 10. 129) R. H. R. Verf. A. 16 (Q). ,3°) Eingaben u. Konzepte i. Staatsarch. d. Innern. 131) R. Reg. Férd. II. Bd. 7, 209. 132) Die beiden erstgenannten Orte im Saazer Kreis in Böhmen, Stroetitz (?) wahr­scheinlich auch dort zu suchen. 333) Landmarschall. Testamente G 1 221/2. 420

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