Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 3. Sekretäre der lateinischen Expedition

daß Barvitius und Khlesl in gutem Einvernehmen standen108 a). Seine Tätigkeit beschränkte sich jetzt meist auf die Überprüfung und Korrektur der Konzepte. Während der ganzen Regierung Mathias’ saß Barvitius im geheimen Rate des Kaisers, das zeigen die gerade aus diesem Jahrzehnt wenigstens teilweise erhaltenen Protokolle108 109). Der venezianische Bot­schafter nennt ihn als einen der wichtigsten Räte des Kaisers Mathias und erwähnt seine Abhängigkeit von Spanien 108a). Auch nach Khlesls Sturz blieb er noch im geheimen Rat, wo wir ihn zum letztenmal am x. März 1619 finden 110); er hat auch noch Ferdinand II. im Juli 1619 zur Wahl nach Frankfurt begleitet. Wann Barvitius förmlich zum geheimen Rat ernannt wurde, konnte ich nicht genau feststellen. Wiewohl er zur Zeit Rudolfs in den Gesandtenberichten zumeist nur als Sekretär des Kaisers be­zeichnet wird, muß seine Ernennung doch schon unter Rudolf erfolgt sein. 1610 wird er jedenfalls in einem Schreiben des Erzkanzlers als geheimer Rat bezeichnet111). Zum Reichshofrat wurde er schon 1593 ernannt. Am 15. April 1594 hatte er sich seinen Adel bestätigen sowie eine Wappenbesserung und das Palatinat vom Kaiser verleihen lassen 112). Wiederholt verstand es Barvitius, vom Erzkanzler große Geldbeträge aus den Taxgefällen zu erlangen, schon 1599 erhielt er ein kurfürstliches Gnadengeld von 1000 fl., 1608 wurde ihm die stattliche Summe von 20.000 fl. angewiesen, der zwei Jahre später ein Betrag von 3000 fl. folgte113). Schon bald nach dem Regierungsantritt Ferdinands II. starb Barvitius 1620 zu Köln 114), mit welcher Stadt ihn anscheinend seit seiner Jugend enge Beziehungen verbanden und deren Universität er auch in seinem Testamente bedachte. Sein Nachfolger wurde Hermann Questenberg, der einem Kölner Patriziergeschlecht entstammte und gleich seinen Brüdern Gerhard, Johann und Kaspar in die Reichskanzlei eingetreten war 115). Er wurde am i. September 1606 zum lateinischen Konzipisten ernannt116) und arbeitete nun zunächst als Hilfskraft des Barvitius, später selbständig in der politi­108 a) Fiedle r, Die Relationen der Botschafter Venedigs i. Fontes rer. Austr. Ill26, 21. 109) Vgl. Resol. Prot. saec. XVII, Nr. 26, 47 b, 49 b. uo) Resol. Prot. Nr. 49 h fol. 28. U1) R. K. Verf. A. 28. m) Konzept i. Staatsarch. d. Innern. 113) R. Taxbücher 1599, 1608; R. K. Verf. A. 28. U4) R. Taxbuch 1619/1620. U5) Ober das Geschlecht der Questenberg vgl. Kneschke, Adelslexikon 7, 301, ferner die Eingabe der Questenberg anläßlich der ihnen am 28. Sept. 1613 erteilten Adels- u. Wappenbestätigung i. Staatsarch. d. Innern. Von den Brüdern diente Kaspar von 1594—1599 in der Reichskanzlei als Kanzlist, er wurde später Abt der Klöster Strahow und Seelau in Böhmen und Visitator des Prämonstratenserordens in Böhmen, Mähren und Schlesien; Johann trat 1609 als Kanzlist ein und wurde 1623 Registrator der lateinisch. Expedition, nachdem er schon vorher durch viele Jahre der Gehilfe seines Bruders Her­mann in der Registratur gewesen war. Er starb 1624 (vgl. Mzer. R. K. 11: 1620 Mai 27 und Juni 6, Mzer. R. K. 12: Memorial Herrn. Qu. u. erzkanzler. Ernennungsdekret v. 1623 März 30, ferner R. Taxbücher); Gerhard diente von 1604—1606 in der Wiener Ab­teilung der Reichskanzlei als Schreiber und wurde 1607 Konzipist im Hofkriegsrat (vgl. Verf. A. 30: 1607 Mai 16 u. R. Taxbücher), wo er es bekanntlich bis zum Vizepräsidenten brachte; über ihn vgl. Ha 11 wich i. d. Alig. dt. Biogr. 27, 41 ff. lls) R. Taxbuch 1607. 418

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