Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)
I. Die allgemeine Entwicklung der Reichskanzlei von 1559-1806 - 2. Die Reichskanzlei unter Rudolf II. und Mathias
zu bringen 42). Vieheuser hatte beim Kaiser gute Aussichten, scheint sich aber nicht zur Übernahme des Amtes haben entschließen zu können 43). Noch Ende August wurde auch mit Elsenheimer verhandelt, dem Vieheuser zur Seite gestellt werden sollte44). Man dachte wahrscheinlich an eine ähnliche Stellung, wie sie "Weber neben Seid gehabt hatte. Schließlich blieben aber die Verhandlungen ergebnislos und das Vizekanzellariat wurde weiterhin bis zum Tode Maximilians von Weber bekleidet. Mit der Regierung Maximilians II. schließt gewissermaßen auch die Epoche der Neuorganisation der Reichskanzlei, wie sie durch die große Kanzleiordnung von 1559 und deren Nachfolgerinnen und durch die wiederholte Initiative des Erzkanzlers gekennzeichnet erscheint, ab. Die folgenden Jahrzehnte unter Rudolf II. bedeuteten für die Kanzlei keine Zeit einer günstigen Fortentwicklung, viel eher eine solche der Stagnation und Zerrüttung, wie ja die Regierung Rudolfs für die kaiserlichen Zentralbehörden überhaupt sehr nachteilig war. Die Reichskanzlei unter Rudolf II. und Mathias. Rudolf II. richtete schon wenige Tage nach seines Vaters Tode, am 19. Oktober 1576, ein eigenhändiges Schreiben wegen des Vizekanzleramtes an Daniel von Mainz 45). Mit der Begründung, daß das Vizekanzleramt mit des Kaisers Tod erloschen sei und Dr. Hegenmüller, der ihm bisher als Vizekanzler gedient habe, seine Entlassung genommen habe, "Weber wegen hohen Alters und Kränklichkeit auch kaum mehr in Betracht komme, fragte er beim Erzkanzler an, ob dieser mit der Ernennung des schon unter Maximilian als geheimer Rat dienenden Vieheuser einverstanden sei oder ob er jemanden anderen vorzuschlagen wisse. Daniel riet dem Kaiser in seiner Antwort, das Vizekanzleramt vorläufig womöglich "Weber wegen dessen großer Erfahrung anzuvertrauen und erst bei dessen Rücktritt auf Vieheuser zu greifen. Wie aus einem zweiten eigenhändigen Briefe Rudolfs an den Kurfürsten hervorgeht46), machte jedoch Weber große Schwierigkeiten und begehrte wegen seines Alters seine Enthebung. Nach längeren Verhandlungen bestand Weber schließlich auf seinem Entschlüsse und erklärte sich nur bereit, im geheimen Rate dem Kaiser auch weiter zu dienen. Rudolf ernannte darauf am 23. April 1577 Vieheuser zum Vizekanzler und zeigte dies dem Erzkanzler an 47). Dieser, der ja schon vorher seine Zustimmung gegeben hatte, nahm diese Ernennung dann noch ausdrücklich in eigenen Schreiben an den Kaiser und den neuen Vizekanzler zur Kenntnis. Mit Recht hat schon Kretschmayr darauf hingewiesen 48), daß die Vorgangsweise, die in der Kanzleiordnung vorgesehen war, jetzt gerade umgekehrt wurde, indem der Kaiser statt des Erz42) Vgl. den Bericht Hundts v. 13. Juli 1570 a. a. O. 263. 43) Albrecht v. B. an Hundt v. 24. Juli 1570 a. a. O. 268. 44) Hundt an Albrecht v. 31. Aug. 1570 a. a. O. 274. 45) Or. Mzer. R. K. u. Taxamt 3. ,6) Vom 13. Dez. 1576, Or. ebda. 47) Schreiben an den Erzkzler. v. 23. Apr. 1577 ebda. 48) a. a. O. 421. 22