Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

Passau abgeordnet12B). Zu bemerken wäre noch, daß Freymon der Schwager seines Vorgängers Kurz war, da er 1585 eine Tochter des einstigen Vizekanzlers Weber, Katharina Elisabeth, deren Schwester Kurzens Gattin war, geehelicht hatte 13°). Freymons Tätigkeit in der Kanzlei ist schwer mit Sicherheit zu beurteilen. Als Reichshofrat hat er in der Stellung eines Referenten viel und eifrig gearbeitet131). Auch während seiner Verwaltung des Vize­kanzleramtes zeigen sehr viele Akten die Spuren seiner Pfand in Dorsual- auszügen, Zuteilungen und Weisungen für die Erledigungen. Hingegen konnte ich so gut wie keine eigenhändigen Konzepte und auch sehr wenig Korrekturen von seiner Hand finden. Vielleicht hängt dies damit zu­sammen, daß damals Barvitius und Hannewald, zwei Arbeitskräfte von hohen Qualitäten, mit der Ausarbeitung der wichtigen Schriftstücke befaßt wurden. Ebenso schwer ist es, sich ein Urteil über seine Stellung und seinen Einfluß am Hofe zu bilden, sicher ist nur, daß sie an die seines Vorgängers Kurz nicht heranreichte. Freymons Amtsführung fällt übrigens auch in die Zeit, in der Rumpf maßgebenden Einfluß bei Rudolf II. besaß und alle anderen Räte vom Kaiser möglichst fernhielt132). Freymons Verweserschaft des Reichsvizekanzleramtes währte nur wenig über drei Jahre. Es scheint, daß er frühzeitig kränkelte. Schon 1592, als er dringend nach Entlastung begehrte, klagt er über Podagra133). 1597 verlangte er vom Kaiser seine Entlassung, die am 20. Juli im geheimen Rat verhandelt wurde und die er am 13. August erhielt. Er begründete sie mit Kränklichkeit und mit der Tatsache, daß er zum dritten Male Witwer geworden sei. Er erklärte sich bereit, in Hinkunft als „Rat von Haus“ zu dienen, was ihm auch bewilligt wurde. Am 2. September 1597 reiste er vom Hofe ab134). Er zog sich auf sein Schloß Randeck bei Kelheim zurück, wo er 1610 starb. Der Kaiser betraute nach Freymons Abgang C o r a d u z mit der Führung der Kanzlei. Rudolf Coraduz, seiner eigenen Angabe nach im Kirchenstaate geboren13411), weilte seit 1591 am kaiserlichen Hofe, wo er zunächst die Stelle eines Reichshofrates bekleidete135). Er hatte vorher in Graz am Hofe Erzherzog Karls gedient, wo wir ihn 1586 als Regimentsrat und Vizekanzler treffen. Sowohl in diesem Jahre wie 1589 machte er Dienstreisen nach Italien, die ihn 1589 bis Florenz führten136). In Prag I29) R. H. R. Resol. Prot. saec. XVI, Nr. 70 b, fol. 7 v u. S t i e v e, Briefe u. Akten 4, 171, Anm. 3. 13°) Wisgrill, Schauplatz d. ndöst. Adels 3, 90. 131) Vgl. die von ihm größtenteils eigenhändig geschriebenen Resolutionsprotokolle 48 a u. 52. 132) Vgl. S t i e v e, Verhandlungen 36 ff. 13S) Eingaben Freymons in R. H. R. Alte Prager A. 42. 134) Vgl. das Schreiben Rudolfs II. an Mainz v. 15. Okt. 1597 i. R. K. Verf. A. 2 u. R. H. R. Resol. Prot. saec. XVI, Nr. 80 b, fol. 43 v. 134 a) So behauptet er gegenüber dem Nuntius Ferreri, vgl. A. O. Meyer, Nuntia- turber. IV, 740, Nr. 763 f. Hurt er sagt in seiner Gesch. Ferdinands II., 3, 473, Anm. 62, C. sei aus Krain. Der venetianische Gesandte Soranzo spricht davon, daß C. in seine Heimat bei Triest abreisen will (S t i e v e, Briefe u. Akt. 5, 818, Anm. 3). 135) Schweizer, Nuntiaturber. II/3, 403, Anm. 2: 1591 Okt. 22 il consigliere Cor. — R. H. R. Resol. Prot. saec. XVI, Nr. 65 (1592). 136) V. Thiel, Regesten z. Gesch. d. Beamtenschft. unt. Erzhzg. Karl v. Innerösterr., Nr. 889, 906, 1027, 1038. 322

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