Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

23. April 1587, gerade zehn Jahre nach seiner Beeidigung als Vizekanzler, starb er zu Oberlauterbach98). Der Kaiser bestellte zunächst den Geheimrat Jakob Kurz von Senftenau, der bereits dreimal Vieheuser als Vizekanzler vertreten hatte, zum Verwalter des Vizekanzleramtes. Er entstammte dem Toblacher Zweig der in Tirol heimischen, angeblich aus Graubünden eingewanderten Familie Kurz 97). Sein Vater, Sebastian, der bereits in kaiserlichen Diensten stand, erwarb die Burg Senftenau bei Lindau 9S), nach der sich die Familie fortan nannte. Jakob Kurz, dessen Fähigkeiten und Sprachkenntnisse Erstenberger in einem Brief an den Erzkanzler sehr lobte und den er leb­haft für den Vizekanzlerposten empfahl, war noch ziemlich jung und noch nicht 35 Jahre alt99). Am Kaiserhofe treffen wir ihn bereits seit 1579, in welchem Jahre er am 17. März zum erstenmal als Reichshof rat er­scheint100). Er zählte damals kaum 27 Jahre, noch 1582 bezeichnet er selbst sich in einem Schreiben an den Kaiser als jung 101). Jakob Kurz hatte die Tochter Ursula des Reichsvizekanzlers Weber zur Gattin 102). Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese verwandtschaftlichen Beziehungen ihm seine amtliche Laufbahn erleichtert haben. Von seinen Brüdern stand Engelhard ebenfalls in kaiserlichen Diensten, während Philipp bayrischer Kanzler war. Bald nach seinem Eintritt in den Reichshofrat wurde Kurz zu diploma­tischen Sendungen herangezogen. 1580 wurde er nach Salzburg entsandt, um dort für die Übertragung der Coadjutorie an den Erzherzog Maximilian zu wirken 103). Im Flerbst des folgenden Jahres ging er zu den rheinischen Kurfürsten wegen der Vorbereitungen für den Reichstag 104), im Januar 1582 treffen wir ihn in Heidelberg105). Am Rhein treffen wir ihn auch noch im Frühjahr dieses Jahres106). Im September 1582 wird er als kaiser­licher Kommissar nach Köln entsandt, um dort in den Kämpfen und Wirren, die durch den Austritt Gebhards von Truchsess aus der katholischen Kirche entstanden waren, die Sache des Reiches und des Kaisers zu führen 107). Sein Aufenthalt in Köln, wo er eine lebhafte Tätigkeit ent­faltete 108), währte bis in den Spätsommer des Jahres 1583. Kaum an den Kaiserhof zurückgekehrt, wurde er nach Sachsen und Brandenburg gesandt. Auch in den folgenden Jahren wurde er wiederholt zu diplomatischen Missionen herangezogen. Als Vieheuser starb, weilte Kurz eben auf einer Gesandtschaftsreise, die ihn abermals nach Sachsen und Brandenburg ge­oe) Ebda.: 1587 Apr. 24 Rudolf an Mainz u. R. H. R. Resol. Prot. saec.XVI, Nr. 55, fol. 55. — Seine von Brachmann modellierte Porträtmedaille s. b. F. Dworschak i. Arch, f. Medaillen- u. Plakettenkunde 4, 63 ff. u. Taf. IX/54. 07) Vgl. Bucelini, Germaniae topo-chrono-stemmatographicae pars III, in. 8S) Vgl. R. Reg. Férd. I., Bd. 27, fol. 141 ff. ") Mzer. R. K. 3: 1587 Apr. 25. — Über das Alter Ks. vgl. unten, er stand bei seinem 1594 erfolgten Tod im 41. Lebensjahre. 10°) R. H. R. Resol. Prot. saec. XVI, Nr. 45, pag. 345. 101) B e z o 1 d i, 483. 102) Bucelini a. a. O. u. O. Wisgrill, Schauplatz d. ndöst. Adels 5, 345. 103) Hirn Jos., Erzhg. Ferdinand v. Tirol 2, 297, Anm. 1. 104) B e z o 1 d i, 454. 105) B e z o 1 d i, 459. loe) Hansen, Nuntiaturber. III/2, 399. 107) Hansen, Nuntiaturber. 111h, 320. 10s) Vgl. hierüber Lossen, Gesdi. d. Köln. Krieges. 319

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