Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

kanzlers, daß Zasius eine „sondere Kanzlei halte und subscribiere“, wie­wohl er nicht als Vizekanzler auf genommen sei 69). Im Gegensatz zu Weber hat Zasius ungemein viel geschrieben 69a). Die Zahl der von ihm verfaßten Schriftstücke ist sehr groß, ebenso auch die Konzepte, die Korrekturen von seiner Hand aufweisen. Er war ein ausgesprochen schreibseliger Herr und allen seinen Schreiben haftet eine gewisse Langatmigkeit und Umständlich­keit an, die bisweilen sogar Spott erregte. Er selbst schreibt einmal an Herzog Albrecht, daß er sich mit seinen langen Berichten bei Hofe keinen anderen Dank verdiene, als daß man sie ein „lang zasianisch schreiben“ nenne 70). Seine Vorliebe für das Schreibwerk kommt auch in den vielen Rubren und Rückvermerken, die er eigenhändig auf die Akten zu schreiben pflegte, zum Ausdruck, wie auch darin, daß seine stets eigenhändig verfaßten Anweisungen zur Erledigung eingelaufener Schriftstücke meist ausführlicher verfaßt sind als die seines Vorgängers 71). Dabei erstreckte sich seine Tätig­keit auf den ganzen Bereich der Reichskanzlei mit Ausnahme der zur latei­nischen Expedition gehörigen Gratial- und Judizialsachen, die Weber er­ledigte. Wir finden Zasius’ Hand ebenso gut in den Lehensakten und Gnadensachen wie in den für die Reichstagsverhandlungen bestimmten Akten, aber auch in den Rubren und Inhaltsangaben auf den Berichten der kaiserlichen Gesandten in Polen oder den Schreiben des Königs von Frank­reich 72). Viele Einlaufstücke aus Ungarn tragen desgleichen die Spuren der Bearbeitung durch ihn 73). Für seine Genauigkeit ist charakteristisch, daß sich bisweilen auf der Rückseite von Akten kleine Zettel aufgeklebt finden, auf denen er eigenhändig Weisungen über die Aufbewahrung dieser Akten und ihre Einordnung in der Registratur gab 74). Zweifellos war es diese intensive Tätigkeit, die im Vereine mit den Folgen der Verletzung beim Sturze aus dem Wagen im Jahre 1565 die Gesundheit Zasius’ auf rieb. Weber konnte mit einem gewissen Recht sagen, Zasius hätte sich das Herz abgearbeitet. Im Alter von erst 49 Jahren starb Zasius am 27. April 1570. Zum Nachfolger Webers wurde von Rudolf II. Dr. Sigmund V i e- h e u s e r ernannt 75). Gleich seinen Vorgängern war er aus dem bayrischen Dienst hervorgegangen. Ursprünglich Beisitzer am Reichskammergericht76), treffen wir ihn 1562 als Gesandten Herzog Albrechts in Rom77). Auch in den folgenden Jahren wurde er wiederholt in diplomatischen Missionen verwendet. Er vertrat den Herzog auch bei den Verhandlungen in Maul­") Mzcr. R.K. I. 69 a) Uber die Unmasse der von Zasius allein an den Hzg. von Bayern gesandten Berichte — es sind ein Dutzend Bände für die J. 1J52—1570 — vgl. jetzt K 1 e i n p a u 1, Das Nachrichtenwesen der dt. Fürsten i. 16. u. 17. Jht., 106. 70) Götz J, 2JI. 71) So schreibt er z. B. auf die Eingabe des Gesandten des Mkgfn. Albrecht v. Bran­denburg v. J. 1565 (R. Lehensakt. B XXII): „der her Haller soll ein abschlägig, doch glimpf­lich decret hierauff stellen, wie er zu thun weiß.“ Seid hätte die gleiche Weisung sicher kürzer ausgedrückt. 7Z) Vgl. Polen 9: 1569 Febr.—April, Frankreh. Hofkorr. 2: 1566 Jan. 26. 73) Ungarn 96: IJ70. 7’) R. T. A. ji: Abschrift e. Schreibens Max. v. 1 j68 Apr. 9 mit Zettel: „zu den andern Trierischen Sachen aufzuheben.“ 75) R. K. Verf. A. 2. 76) Vgl. das Palatinatsdiplom v. 1582 Juni 29 f. Vieheuser. 77) G ö t z, Briefe 5, 244, Anm. 1. 316

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