Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

Sekretär Singkmoser seinen Schwager59), der geheime Rat und spätere Vizekanzler Freymon wurde Webers Schwiegersohn60) und auch mit Jakob Kurz bestanden verwandtschaftliche Beziehungen, auch er war Webers Schwiegersohn 61). Nach Maximilians Tod wollte Weber zurücktreten. Zweifellos hatte auch Rudolf II. den Wunsch, den Reichsvizekanzlerposten mit einem anderen Manne zu besetzen. Weber mochte ihm vielleicht doch zu pro­testantenfreundlich sein. Am 19. und 23. Oktober 1576 schrieb der Kaiser an den Kurfürsten von Mainz wegen eines Ersatzes für Weber. Merk­würdigerweise war es der Kurfürst, der den Kaiser bewog, Weber wegen seiner Vertrautheit mit den Geschäften wenigstens noch einige Zeit im Amte zu halten, bis „Euer Majestät etwas bass in regierung geritten“ °2). Weber setzte jedoch einem weiteren Verbleiben im Amte große Schwierig­keiten entgegen und verwies auf sein hohes Alter. Nur mehr wenige Monate versah er den Dienst des Reichsvizekanzlers. Am 23. April 1577 teilte der Kaiser dem Erzkanzler mit, daß Weber seine Entlassung aus Gesundheitsrücksichten genommen habe, jedoch weiterhin im geheimen Rat verbleiben werde 6S). Als geheimer Rat fungierte er mit einem Jahres­gehalt von ijoofl. noch bis 1583 64). Sein gleichnamiger Sohn diente zur selben Zeit dem Kaiser als Reichshofrat. Uber Webers Kollegen Dr. Johann Ulrich Zasius besitzen wir eine vortreffliche biographische Skizze von Walter Goetz65). Wir können uns daher hier kurz fassen und uns darauf beschränken, auf die charak­teristischen Züge in seiner Betätigung in der Reichskanzlei hinzuweisen. Wir hörten schon, daß Maximilian II. Zasius die für die Vizekanzlerschaft erforderlichen Eigenschaften und Fähigkeiten nicht zutraute. Der Kaiser mochte seine Erfahrungen gemacht haben, als Zasius noch vor dem Tode Ferdinands seine Kanzlei leitete. Der Kaiser wollte daher nach Selds Tod von einer Nachfolgerschaft des Zasius nichts wissen und erst im Jahre ij66 entschloß er sich, ihn förmlich zum Vizekanzler zu ernennen. Diese Stellung­nahme des Kaisers hinderte ihn aber nicht, Zasius schon bald nach Selds Tod zu den Aufgaben eines Vizekanzlers heranzuziehen. Wir finden nicht nur Zasius’ Unterschrift unter einem Schriftstück des Kaisers über die Exequien seines Vaters, das vom 10. Juli 1565 datiert ist66), demselben Tage, an dem der Kaiser seinem Schwager Albrecht von Bayern schrieb, daß der Posten eines Vizekanzlers mit Zasius nicht genügend versehen werden könnte 67), sondern Zasius erledigte auch im gleichen Jahre Reichs­angelegenheiten, als ob er wirklicher Vizekanzler wäre 68). Seine ungeklärte Stellung gab dann auch den Anlaß zur Klage aus dem Kreise des Erz­5") Mise. grat. 68: Memoriale Romaricomontis ecclesiae. “) Vgl. unten S. 322. 01) Testament Webers d. J. v. 27. Apr. 1591. Landmarschall. Test. W. 25. 62) Mzer. R. K. 3. 63) R. K. Verf. A. 2. 64) Vgl. R. Taxbücher 1578—1583. 65) Alig. deutsche Biogr. 44, 706 ff. e6) Famii. A. Kart. 18. 67) Bibi a. a. O. 230. 8S) Vgl. R. Lehensakt. B XXI die Vermerke des Zasius auf den brandenburgischen Eingaben des J. 1565. 31ö

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