Historische Blätter 7. (1937)

Fritz Antonius: Zum Konfidentenwesen des Vormärz

Zum Konfidentenwesen des Vormärz. Von Fritz Antonius. Mit der Errichtung des Mainzer Informationsbüros im Frühling des Jahres 18331 hatte sich die Notwendigkeit ergeben, dieser neuen polizei­lichen Zentralstelle auch neue ergiebige Quellen für ihre informative Tätig­keit zu erschließen. Zwar unternahmen die mit der Leitung betrauten oder zugeteilten Polizeibeamten Noe, Bauernschmid, Clannern v. Engelshofen. Köwarz selbst ausgedehnte Reisen zu Erkundungszwecken. Wollte man aber die revolutionären Strömungen wirklich überwachen, über etwa gehegte Pläne rechtzeitig unterrichtet sein und auf dem Laufenden bleiben, so mußte man sie an ihren Ausgangspunkten zu erfassen suchen, d. h. man mußte in die liberalen Kreise und Vereinigungen Deutschlands, in die Reihen der politischen Emigration in der Schweiz, in Frankreich, Belgien und England selbst eindringen und aus diesen Quellen unmittelbar seine Nachrichten schöpfen. Die Wege dazu waren ja nicht neu. Seit langer Zeit schon hatte man sich polizeilicher Kundschafter, „Konfidenten“, „Ver­trauter“ zu bedienen gewußt und vor allem das Gouvernement in Mailand und die Botschaft in Paris hatten längst ihr ständigen vertrauten Bericht­erstatter. So war nur der Ausbau dieses bereits vorhandenen Systems nötig, in das nun Mainz als neuer Mittelpunkt eingefügt wurde, und bald sorgte neben den in Mainz und Frankfurt stationierten Polizeibeamten eine ganze Reihe schlauer und verwegener Hilfskräfte dafür, daß keine revolutionäre Regung politischer oder geistiger Natur in Wien unbemerkt blieb. Was diese Leute auf ihrem Gebiet leisteten, bis zu welchem Grad die Kunst der Überwachung gedieh, dafür hier nur ein Beispiel: Im Februar des Jahres 1837 fühlten sich die deutschen Flüchtlinge in Paris in unerträg­licher Weise von Spitzeln und Angebern bedroht und beschlossen — dem Beispiel der polnischen Flüchtlingsgruppen folgend — die Errichtung einer „Contre-Polizei“, die diese Gefahren bannen sollte. In dem sechsgliedrigen Ausschuß, der diese Sache in die Hand nahm, war einer der eifrigsten 1 Vgl. Reinöhl, Die österr. Informationsbüros des Vormärz, in Arch. Zeitschr., 38. Bd., 1929, S. 261 ff. 6 79

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