Historische Blätter 7. (1937)

Fritz v. Reinöhl: Das politische Vermächtnis Kaiser Franz I.

den „weisen und trefflichen Vorschriften“ nicht einen Auftrag Metternichs an Gentz, einen letztwilligen politischen Rat des Kaisers an seinen Sohn zu verfassen, sondern eben jenen Metternichschen Entwurf, den der Staatskanzler wie so oft seinem Vertrauten zur Durchsicht und stilistischen Verbesserung gegeben hatte, verstehen zu müssen. Demnach darf auch nicht angenommen werden, daß Gentz den Stil des Kaisers nachahmen wollte, sondern es muß geschlossen werden, daß er sich mühte, den Ton des Metternichschen Entwurfes, dem er jene Ergänzung beizufügen empfahl, zu treffen. Der Entwurf Metternichs ist bei weitem ausführlicher als das am 28. Februar ergangene Handschreiben; er stellt sich in der Tat als eine Belehrung des Thronfolgers dar, von welcher der Staatskanzler zu Erzherzog Johann gesprochen hat. Sie richtet sich „an meinen geliebten Sohn Ferdinand in seiner Eigenschaft als präsumptiven Thronfolger“. In Verbindung mit der oben angeführten Mitteilung Erzherzog Johanns könnte daraus gefolgert werden, daß Metternich den Kaiser veranlassen wollte, noch zu seinen Lebzeiten, da also Ferdinand noch präsumtiver Thronfolger war, diese Belehrung ergehen zu lassen und sich so noch unter dessen Regierung die erste Rolle zu sichern; es könnte diese Fassung aber auch in einer Absicht des Kaisers begründet gewesen sein, Weisungen für Ferdinand, nicht aber, wenn dieser vor seiner Thron­besteigung stürbe, für den dann folgenden Thronanwärter zu hinterlassen. Metternichs Entwurf enthält außer allgemeinen Ermahnungen, wie bei allen Handlungen sich Gott vor Augen zu halten, die Völker als an­vertrautes Gut zu betrachten usw., sachliche Weisungen. Von diesen ist ein Teil in das erflossene Handschreiben übergegangen: die Einigkeit in der Familie zu beachten und zu bewahren, wohlerworbene Rechte zu ehren. Bemerkenswerte Teile des Metternichschen Entwurfes aber finden sich überhaupt nicht oder nur geändert im Handschreiben. Punkt 5 des Metternichschen Entwurfes empfiehlt unter anderm, im Geschäftsgang „stets auf eine fest ausgesprochene, deutlich bezeichnete Form“ zu halten^ Punkt 6 fordert Ferdinand auf, in den Regierungshauptnormen nichts zu ändern, „ohne daß er neue Vorschläge, welche auf selbe hinzielen, durch alle Wege hätte beleuchten und prüfen lassen. Sein Regierungs Antritt [sic!] und insbesondere die ersten zwey Jahre seiner Regierung lasse er selbst keinen Vorschlag dieser Art aufkommen“. Punkt 7 rät Ferdinand, die Minister unter seinem eigenen Vorsitz oder unter jenem des durch Dienst­erfahrung, Umsicht und erprobte Geschäftskenntnis geeignetsten Ministers zu vereinen. Punkt 5 des Metternichschen Entwurfes wurde im Hand­schreiben wesentlich abgeändert, es heißt dort: „Verrücke nichts an den Grundlagen des Staatsgebäudes, .regiere und verändere nicht“, was ich 76

Next

/
Thumbnails
Contents