Historische Blätter 7. (1937)

Fritz v. Reinöhl: Das politische Vermächtnis Kaiser Franz I.

Aufzeichnungen Erzherzog Johanns über die Vorgänge dieses Tages, die nicht allein auf den Mitteilungen Metternichs und Wagners, sondern auch auf denen seiner Brüder und anderer Zeugen fußen, und Briefe der Erzherzogin Sophie hierüber erwähnen nichts davon. Die Augsburger Allgemeine Zeitung berichtet wohl, daß der Kaiser am 28. um 9 Uhr vormittags Metternich und Kolowrat berufen habe lr>, und ähnliches be­hauptet auch der Obersthofmarschall Friedrich Egon Landgraf zu Fürsten­berg, der jedoch darüber klagt, nichts Sicheres erfahren zu können16 17 18; diese Nachrichten sind, soweit sie Kolowrat betreffen, nach dessen eigener Angabe unrichtig. Er erzählte, daß er den Kaiser nach seinem letzten Vortrag am 24. Februar, während dessen sich die ersten Anzeichen der Erkrankung gezeigt hatten, nicht mehr gesehen habe17. Melanie Metternichs Bericht über die Vorgänge des 28. Februar enthält leider keine genauen Angaben; sie erzählt, daß sich der Fürst frühmorgens zum Kaiser begeben habe und nach 2 Uhr zurückgekehrt ist. Die Mög­lichkeit, daß Metternich der Niederschrift der Handschreiben beigewohnt habe, wäre demnach nicht ausgeschlossen 18. Demgegenüber muß jedoch betont werden, daß die Mitglieder der kaiserlichen Familie annahmen, daß Metternich noch am Abend des 28. den Inhalt des politischen Hand­schreibens nicht gekannt habe 19. Ein Vergleich jenes schon mehrfach erwähnten Metternichschen Entwurfes20 mit dem Handschreiben dürfte zum Ziele führen. Er muß etwas früher als die von Bibi als Entwurf Gentzens betrachtete Auf­zeichnung entstanden sein, deren zeitliche Entstehung vor den 9. Juni 1832, den Todestag Gentzens, fällt. Diese ist nicht etwa der Entwurf eines politischen Vermächtnisses, sondern nur eine Ergänzung der Metternich­schen Ausarbeitung; sie enthält lediglich Richtlinien für die Führung der Außenpolitik, welche Metternich überhaupt nicht berührt. Gentz über­reichte sie Metternich mit einem Schreiben, in welchem er seine Zweifel ausdrückte, „ob der beyliegende Artikel neben den mir gestern mit- getheilten weisen und trefflichen Vorschriften einen Platz verdienen mögte. Ich habe mich der größten Einfachheit beflissen, um wenigstens dem Ton, welcher das Ganze beherrscht, nicht untreu zu werden“. Ich glaube unter 16 Beilage Nr. 71, S. 566. 16 Fürstenberg an seinen Bruder 1. III., Briefwechsel III. Teil. 17 Aufzeichnung Prokeschs, H. H. u. St. A., Nachlaß Prokesch. 18 A. a. 0. 5, 624. 19 Tagebuch Erzh. Johanns. 10 Inhaltsangabe s. v. Srbik a. a. 0.1, 555, Or. H. H. u. St. A., Staatskanzlei, Acta secreta Nr. 480. 75

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