Historische Blätter 7. (1937)
Fritz v. Reinöhl: Das politische Vermächtnis Kaiser Franz I.
trige aufgefaßt werden, denn „es fand weder eine Erpressung an einem bereits Unzurechnungsfähigen statt, noch handelt es sieh um die Durchsetzung vorwiegend persönlicher Zwecke“. Metternich und Wagner hätten Hand in Hand gearbeitet, überzeugt, das Beste für Staat und Kirche zu tun. Ein Mann von solcher Wesensart wie Kaiser Franz hätte sich wohl kaum ein Testament am Totenbette diktieren lassen. Überdies dürfte der persönliche Wille des Kaisers dabei mitgespielt haben, daß Kolowrat in diesem Vermächtnis gar nicht erwähnt werde2. Srbik hat zudem zur Beurteilung der Handlungsfähigkeit des Kaisers auch die Aufzeichnungen des staatsrätlichen Referenten Hofrates Hess Uber die Entstehung des Testamentes herangezogen und danach angeführt, daß Franz am 28. mit Hess sein Testament besprochen, ja sich am 1. März noch dessen Reinschrift habe vorlesen lassen und einige Einschaltungen verfügt habe3. Trotz dieser Feststellungen hat V. Bibi an seinen Anschauungen festgehalten i. Es sei daher mit Heranziehung neuer Quellen eine Klärung der Frage versucht. Die Zeit der Niederschrift der beiden Handschreiben — sie erfolgte, vorweg bemerkt, in den späten Vormittagsstunden oder bald nach Mittag des 28. — und die Handlungsfähigkeit des Kaisers läßt sich ziemlich genau feststellen. Eine von den behandelnden Ärzten verfaßte Krankheitsgeschichte liegt nicht vor; die vorhandenen Quellen6 genügen aber, das Wesen der Todeskrankheit des Kaisers und deren Verlauf klarzusteilen sowie einen Schluß auf die Zurechnungsfähigkeit des Kaisers zu ziehen. Ich lasse vorerst eine auf Grund dieser Quellen verfaßte Äußerung folgen, welche ich der liebenswürdigen Mitarbeit des Herrn Privatdozenten Dr. Erwin Risak verdanke: „Nach den vorhandenen Aufzeichnungen scheint es unzweifelhaft, daß Kaiser Franz einer rasch verlaufenden Lungenentzündung in einer schön vorher veränderten Lunge und bei einem schlechten Herzgefäßsystem erlegen ist. Dies geht auch aus dem vorliegenden Obduktionsprotokoll hervor. Nach diesem muß es sich um eine frische exsudative beiderseitige Pleuritis gehandelt haben mit aus’ Metternich 1, 554 f. 3 Ebda. 1, 772, Anm. 555. 4 Metternich, Paris 1935, 249 ff., Metternich, Leipzig u. Wien 1936, S. 296 ff., Francois II., Paris 1936, S. 325 ff. 5 Quellen: Bulletins in der Wiener Zeitung Nr. 46 (26. 2.) ff., Zeremoniellprotokoll des Obersthofmeisteramtes 1835, Tagebuch Melanie Metternich, Nachgelassene Papiere 5, 622 ff., Tagebuch Kübeck 2, Tagebuch Erzherzog Johanns, Erzherzog Johann an seine Frau 2. III. (Steiermärkisches Landesarchiv), Erzh. Sophie an ihre Mutter 25. II., 27. II., 1. III., Metternich an Wessenberg 26. II., Münch an Wessenberg 4. III., 5. III., H. H. u. St. A., Nachlaß Wessenberg, Hs. ß 311, f. 75 ff. 72