Historische Blätter 7. (1937)
Josef Karl Mayr: Die Schlussakte des Wiener Kongresses
7. Dezember 1815 in sieben Exemplaren ausgestellt worden. Sechs waren für die Signatarmächte — mit Ausnahme Spaniens —, das siebente für das Normalexemplar bestimmt. In ähnlicher Zweiteilung hatten die übrigen Signatarmächte zu ratifizieren. So sind vom September 1815 bis März 1816 die Ratifikationen und vom Juli 1815 bis Mai 1820 die Akzessionen und Akzeptationen ausgefertigt worden.' Die letzte Ratifikation hat Portugal, die letzte Akzeptation Bayern ausgestellt38. Spanien hat die Wiener Schlußakte nicht ratifiziert, sondern ist ihr im Juni 1817 mittelst einer Akzessionserklärung beigetreten. Eine Fülle von Merkwürdigkeiten umgibt die Schlußakte des Wiener Kongresses. Die Originalexemplare wurden zwar ordnungsgemäß ausgefertigt, die Unterschriften und Siegel just der bedeutendsten Diplomaten aber erst mehrere Wochen später nachgetragen. Der umgekehrte Weg wurde bei der Herstellung des Normalexemplares beschritten: man begann mit den Unterschriften, setzte mit der Niederschrift des Textes fort, heftete die Bogen und kehrte, indem man die Schnur mit den Siegeln bedeckte, zu den Unterschriften zurück. Auch die Ratifikationen weisen eine ungewöhnliche Textgestaltung auf. Fast könnte man in allen diesen Dingen ein Widerspiel des Wiener Kongresses selbst erblicken, der — wie die Franzosen sagten39 — kein Kongreß, dessen Eröffnung keine Eröffn nung und dessen Kommissionen keine Kommissionen gewesen sind. 38 L. Bittner, Chronologisches Yerz. d. österr. Staatsverträge 2, nn. 1707—2116 passim. 39 A. Broglie, Mémoires de Talleyrand 2, 420. 70