Historische Blätter 7. (1937)
Josef Karl Mayr: Die Schlussakte des Wiener Kongresses
woran sich verschiedene Abänderungsvorschläge knüpften17. Die Diskussion schleppte sich hin, da Humboldt Metternich und seine deutschen Kollegen „allein stecken und an ein paar Redensarten eine Viertelstunde lang kauen ließ“, so daß sich Humboldt ein schlechter geschriebenes Machwerk, wie er sagte, kaum vorstellen konnte18. Zwei Tage später — in der Komiteesitzung vom 5. Juni — schnitt Metternich die Diskussion ab, da er entschlossen war, die Bundesakte gleich den anderen Kongreßbeschlüssen unter den Schutz der europäischen Mächte zu stellen. Die Kongreßbevollmächtigten standen vor der Abreise, die Bundesakte war den Absichten der meisten deutschen Höfe schon sehr nahe gebracht und wer sich noch abseits hielt, der konnte seine Zustimmungserklärung Martens gegenüber nachholen19. So wurde die Bundesakte mit Stimmenmehrheit angenommen und über den heimlichen Widerstand der süddeutschen Fürsten zur Tagesordnung übergegangen. Am 8. Juni las Metternich die 20 Artikel der Bundesakte samt der Einleitung nochmals vor, dann wurden sie paraphiert und man trennte sich mit der Verabredung, den 9. Juni zur Anfertigung der Reinschriften zu verwenden und am 10. Juni die Unterfertigung vorzunehmen20. So geschah es auch, nachdem sich inzwischen Württemberg zum nachträglichen Beitritte bereit erklärt hatte. Am Schluß der denkwürdigen Sitzung21 wurde die Bundesakte Metternich feierlich ausgehändigt, der die zur Einfügung in die Schlußakte bestimmten allgemeinen Artikel ins Französische übersetzen ließ22 23. Gentzens Konzept wurde um elf Artikel (53—63) auf 121 erweitert. Nun erst konnte das Protokoll vom 9. Juni am 11. mit der Verlesung und Paraphierung der neu hinzugekommenen Artikel abgeschlossen werden. Erstaunt und mißvergnügt hat Labrador den Eifer seiner Kollegen, die blindlings paraphierten, was kaum erst übersetzt und verlesen war, verfolgt28. Die Originalausfertigung der Bundesakte24 ist von dem Staatskanzleioffizial Spengler in einem Tag bewältigt worden, wogegen die Anfertigung 17 C. Angeberg 2, 1305, 1314, 1328. 18 1815 VI. 9. Wilhelm an Caroline Humboldt (Briefwechsel 4, 567). 19 C. Angeberg 2, 1342. 20 C. Angeberg 2, 1359, 1372. 91 C. Angeberg 2, 1435. 22 In ihrem vollen deutschen Wortlaute wurde die Bundesakte als Anhang 9 der Schlußakte beigegeben. 23 Villa Urrutia, Espana en el congreso de Viena 179. 24 Sie befindet sich heute im Frankfurter Reichsarchiv, dessen Direktion ich die Übersendung einer Schriftprobe zu verdanken habe. — Im übrigen wurden nur Abschriften ausgegeben, die von dem Staatskanzleihofrat Wacken beglaubigt waren (freundliche Auskunft des Frankfurter Stadtarchivs). 6* 65