Historische Blätter 7. (1937)

Josef Karl Mayr: Die Schlussakte des Wiener Kongresses

Die Schlußakte des Wiener Kongresses. Von Josef Karl Mayr. Als der Weltkrieg tobte und die Musen ihr Haupt verhüllten, sind in Wien und London zwei Arbeiten entstanden, die beide — jede auf ihre Weise — dem Vaterlande nützlich sein wollten. Im Wiener Staatsarchiv ist unter Ludwig Bittners Leitung ein corpus pacificationum, eine syste­matische Zusammenstellung der Texte der Friedens vertrage von 1792 bis 1913 geschaffen worden, das den Friedensunterhändlern der Mittel­mächte als Rüstzeug dienen sollte1. Unter ähnlichen Gesichtspunkten hat im Sommer 1918 der englische Historiker C. K. Webster im Aufträge des Foreign Office eine Geschichte des Wiener Kongresses geschrieben, die mit der Klarstellung seiner Gliederung und Arbeitsweise als ein Handbuch für die englischen Friedensunterhändler gedacht war2. Das österreichische Corpus Bittners hat infolge des Zusammenbruches der Monarchie keine praktische Bedeutung erlangt und auch Websters Buch ist durch den Um­sturz der Dinge in Mitteleuropa überholt worden. Man hat es, wie Webster im Vorwort zur zweiten Auflage sagt, nur in einer oder der anderen or­ganisatorischen Frage zu Rate gezogen, da Wilson den „odour of Vienna“ nicht aufkommen lassen wollte. Geblieben aber sind die historischen Pro­bleme und so mag hier zu Ehren Ludwig Bittners, des hochverdienten Verfassers eines grundlegenden Lehrbuches von den völkerrechtlichen Vertragsurkunden, die Geschichte der Wiener Schlußakte erzählt sein, die, wie ich hoffe, auch C. K. Webster, dem verdienstvollen Historiker der Kon­greßzeit, nicht unwillkommen sein wird3. Inmitten der schwersten Krise, als sich eben Österreich mit Frank­reich und England gegen Rußland und Preußen verband, ist in der fünften Sitzung der Fünf am 7. Jänner 1815 die Einsetzung einer Kommission 1 1917 in der Reichsdruckerei in Berlin für den amtlichen Gebrauch in Druck gelegt. Vgl. L. Bittner, Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staats­archivs 1, 198. 2 C. K. Webster, The congress of Vienna 1814/15. 1. Auflage (2. Ausgabe) Oxford 1919. Zweite, im wesentlichen unveränderte Auflage London 1934. 8 Eine eingehende Untersuchung des Aufbaus und der Arbeitsweise des Wiener Kongresses ist abgeschlossen und harrt der Veröffentlichung. 61

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