Historische Blätter 7. (1937)
Oskar Schmid: Marques Rialp und das spanische Staatsekretariat in Wien
Es ist hinlänglich bekannt, welch bevorzugte Stellungen die spanischen Parteigänger König Karls III. dann im Reiche Kaiser Karls VI. eingeräumt erhielten. Dankbarkeit war ein schöner Charakterzug dieses Herrschers, der es zum Schaden seiner Untertanen den katalonischen Parteigängern nie vergaß, daß sie bei den Unternehmungen seiner Jugendjahre zu ihm gestanden waren. Wir erkennen da an Karl eine Eigenart, die seinen menschlichen Zügen zur Ehre gereichen mag, aber gleichzeitig einen düsteren Schatten auf seine Eignung zum Regenten wirft, wenn er einer Schar von mehr oder weniger dunklen Existenzen seine Erblande und vor allem die neuerworbenen spanischen Provinzen als Ausbeutungsobjekte überließ. Dabei darf man sagen, daß Don Ramon de Vilana Perlas, dem dann die Gunst seines Herrschers das Marquesat Rialp verlieh, sich von seinen übrigen Gefährten, den beiden Cardonas, Erendazu, Villasor, Ucada und manchem andern noch vorteilhaft unterschied. Vilana Perlas hatte für seinen Herrscher schwere Unbilden erlitten und im Gefängnis geschmachtet, worin Karl den Ausdruck besonderer Tr?"e erkannte, der nie vergessen werden durfte. Dieser aus bescheidenen Verhältnissen stammende Parteigänger Habsburgs war im Jahre 1663 als der Sohn eines Notars in Katalonien geboren worden1, übte in der Folge in Barcelona den Beruf eines kleinen, wenig erfolgreichen Advokaten aus und trat in der Zeit seines Aufenthaltes in dieser Stadt mit dem Prinzen Georg von Hessen-Darmstadt, der unter dem letzten spanischen Habsburger das Amt eines Statthalters von Katalonien bekleidete, in nähere Beziehungen, die für seine Zukunft bedeutsam werden sollten. Er war damit in einen Kreis getreten, dessen Bestrebungen auf den Sturz Philipps von Bourbon in Katalonien zielten. Diese Umtriebe blieben nicht verborgen, Vilana Perlas wanderte im Jahre 1704 ins Gefängnis, aus dem er jedoch noch vor seiner Aburteilung befreit wurde, als Karl III. im Oktober 1705 seinen feierlichen Einzug in Barcelona hielt. Es war dies ein auf das empfängliche Gemüt des Habsburgerkönigs unmittelbar wirkender romantischer Vorgang, der den karlistischen Parteigänger mit einer Märtyrerkrone umgab und der Karl im äußersten Maße verpflichtete. Damit begann auch der Weg des ungeahnt raschen Aufstieges. Den Vorschlägen der von Karl III. eingesetzten Junta entsprechend wurde Vilana Perlas 1 An Literatur vergleiche: Ferdinand Wolf, Vierundzwanzig eigenhändige Briefe der Kaiserin Elisabeth, Gemahlin Kaiser Karls VI. an den Staatssecretär Marques Rialp, Sitzungsber. d. Wiener Akademie, phil.-hist. Kl., 12. Bd. S. 111—141; Alfred Arneth, Prinz Eugen von Savoyen, 3 Bde., Wien 1858; Dr. Marcus Landau, Geschichte Kaiser Karls VI. als König von Spanien, Stuttgart 1889; Dr. Heinrich Benedikt, Das Königreich Neapel unter Kaiser Karl VI., Wien—Leipzig 1927. 53