Historische Blätter 7. (1937)

Lothar Gross: Ein kassiertes Privileg Kaiser Leopolds I.

richtet und verlangte von Königsegg Aufklärung, der in allem Wesent­lichen Lochers Angaben bestätigte. Dem Zufall einer Erkrankung Karls V., die den Reichsvizekanzler Königsegg hinderte, nochmals beim Herzog an­zufragen, hatte es Vaudémont zu verdanken, daß das ganze Spiel gelungen war. Die lothringischen Akten schildern nun genau die weiteren Schritte, die zur Kassierung der Bestätigung unternommen wurden. Die Königin begab sich im Oktober 1693 persönlich nach Wien, um die erforderliche Resolution ihres kaiserlichen Bruders zu erlangen. Nach nochmaliger genauer Untersuchung der Sachlage durch die lothringischen Minister und den lothringischen Agenten am Wiener Hofe, der auch beglaubigte Abschriften der uns bekannten Aktenstücke aus der Reichsregistratur beschaffte, wurde bei Königsegg um die Kassierung der Urkunde ein­geschritten, die dieser allsogleich zusagte. Sein Tod am 5. Februar 1694 brachte die Angelegenheit dann nochmals ins Stocken, bis in der Person des Grafen Gottfried Windiscbgrätz sein Nachfolger bestellt wurde. In­dessen hatte der Prinz von Vaudémont eingesehen, daß sein Versuch gescheitert war, und sich erboten, das Original der Bestätigung dem Kaiser zurückzustellen. Nachdem sein Bevollmächtigter über kaiserlichen Auftrag das Original der Königin übergeben hatte, war die Bahn für die Formalitäten der Kassation nun frei. Die Resolution des Kaisers erfloß am 2. Mai 1694, nachdem Eleonore noch in einem Briefe vom 27. April ihren Bruder gebeten hatte, in den Registern und Akten der Reichshof­kanzlei die Bestätigung ausdrücklich für null und nichtig zu erklären. Es sollte damit der Möglichkeit vorgebeugt werden, daß noch einmal auf Grund des in der Reichskanzlei befindlichen Konzeptes widerrechtlich eine kaiserliche Bestätigung neu ausgefertigt werde. Die Kassation wurde nun in der Weise vollzogen, daß die Resolution des Kaisers sowohl auf dem der Kanzlei eingelieferten Original wie auf dem Konzept vermerkt wurde 7. Den Befehl des Kaisers zur Kassierung hielt Windischgrätz eigenhändig auf dem Umschlag des Schreibens der Königin vom 7 Der Vermerk auf der ersten Seite des in Libellform ausgefertigten Diploms lautet: Gegen wertiges instrument ist von Ihrer Mayt. der verwittibten Königin in Pohlen und herzogin zu Lottringen nahmens,, ihres minderjährigen herrn sohns herzogens zu Lottringen der reichshofcanzley zurückgegeben worden und haben Ihre Kayl. Mayt. unser allergnädigster kayser und herr auf die von höchstgedachter königin den 30 Április negsthin beschehene geziemende Vorstellung allergnädigst resolvirt und anbefohlen, daß dieses per sub- et obreptionem erhaltene confirmations instrument cassirt und anullirl und pro cassato et annullato gehalten, auch diese dero wohlbedachtliche resolution aul demselben (wie hiemit geschieht) vorgemerokt werden solle. Wien den 2 Maii 1694. Caspar Florenz Consbruch. 50

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